Zwei Freisprüche im St. Pöltener Prozess um Vergewaltigung

(c) Clemens Fabry
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Der Richter verwies in der Urteilsbegründung auf Widersprüche in Aussagen des 15-jährigen Mädchens. Die beiden Asylwerber wurden enthaftet.

Zwei 19-Jährige sind am Dienstag in St. Pölten vom Vorwurf der Vergewaltigung einer 15-Jährigen in Tulln im Zweifel freigesprochen worden. Der Richter verwies in der Urteilsbegründung auf zahlreiche Widersprüche in den Aussagen des Mädchens. Die Staatsanwaltschaft meldete Nichtigkeitsbeschwerde an, damit sind die Urteile nicht rechtskräftig. Die beiden Asylwerber wurden in Folge enthaftet.

Zwei Mitglieder des Schöffensenats seien für einen Freispruch und zwei für einen Schuldspruch gewesen, sagte der vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung am Abend. Man habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. Er verwies auf Widersprüche in den fünf Einvernahmen des Mädchens u.a. in Bezug auf den Ablauf des Geschehens - etwa, ob es zwei oder drei Männer gewesen seien. Der Vorfall habe sich "sicher nicht wie in der Anklageschrift" zugetragen, sagte der Richter. Der gesamte Schöffensenat gehe davon aus, dass es wohl zunächst zu einem "mehr oder weniger freundschaftlichen Treffen" zwischen den drei oder vier Beteiligten gekommen sei, bei dem auch ein Joint im Spiel gewesen sei.

"Vorfall nicht wie in Anklageschrift"

Die 15-Jährige hatte angegeben, am 25. April 2017 auf dem Weg vom Bahnhof Tulln zur Wohnung ihres Vaters verfolgt und drei Mal vergewaltigt worden zu sein. Schließlich habe sie sich losreißen können und sei nach Hause geflüchtet. Im Krankenhaus waren u.a. Kratzspuren festgestellt worden, zudem waren Spermaspuren der beiden Angeklagten sichergestellt worden.

Die Staatsanwaltschaft habe zur Aufklärung "alle Register gezogen", verwies der Richter in seiner ausführlichen Urteilsbegründung auch auf die durchgeführte Massen-DNA. 65 Männer hatten über Anordnung der Anklagebehörde DNA-Proben abgeben müssen. In Folge waren die beiden 19-Jährigen aus Afghanistan und Somalia als Verdächtige ausgeforscht worden. Nach der Festnahme des Duos hatte der Tullner Bürgermeister Peter Eisenschenk (ÖVP) bis zur endgültigen Klärung der Causa einen Aufnahmestopp für die Zuteilung neuer Asylwerber erlassen.

Die Angeklagten hatten sich am Dienstag laut ihren Verteidigerinnen nicht schuldig bekannt, nach Angaben der beiden Asylwerber soll der Geschlechtsverkehr einvernehmlich gewesen sein. Der Richter hielt in der Urteilsbegründung auch fest, dass es Widersprüche in den Angaben des Erstbeschuldigten gegeben habe. Der Prozess fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

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(APA)

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