Kritik in Giftaffäre: "Österreich brennt Brücken zum Westen nieder"

Prof Dr Peter Neumann Direktor des Internationalen Zentrums fuer Studien zur Radikalisierung am Lo
Terrorexperte Peter Neumann übt Kritik.imago/Müller-Stauffenberg
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Terrorexperte Neumann kritisiert Österreich für die Entscheidung, keinen russischen Diplomaten aus dem Land zu weisen.

Österreich muss für sein Abseitsstehen bei der konzertierten Aktion gegen Russland in der Giftaffäre Kritik von den EU-Partnern einstecken. "Neutralität für einen EU-Mitgliedsstaat ist ein schlechter Witz", twitterte der frühere lettische Außenminister Artis Pabriks am Dienstag. "Welche weiteren EU-Politiken/-Entscheidungen lässt (Bundeskanzler Sebastian) Kurz nicht in Österreich gelten?"

Der EU-Abgeordnete Pabriks meldete sich in einer vom früheren schwedischen Außenminister Carl Bildt begonnenen Twitter-Diskussion zu Wort. Der konservative Politiker hatte unter Verweis auf die Begründung für die Nichtteilnahme Österreichs an der Aktion zur Ausweisung russischer Diplomaten gemeint, dass "die Neutralität kaum mit der EU-Mitgliedschaft kompatibel" sei. Auch sei es "ein großer Unterschied, Teil des Westens zu sein oder eine Brücke zwischen dem Westen und dem Osten", bemängelte der als Transatlantiker geltende Politiker.

Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) betonte, Österreich sei "1995 als neutraler Staat der Europäischen Union beigetreten". Die im Vorfeld des Beitritts mehrfach debattierte Frage, "ist die EU-Mitgliedschaft mit dem immerwährenden Status der Neutralität vereinbar", sei damals von den bestehenden EU-Partnern mit "ja" beantwortet worden.

Pabriks und Bildt gehören der Europäischen Volkspartei (EVP) an, deren Mitglied auch die ÖVP von Bundeskanzler Sebastian Kurz ist.

Kritik von Neumann

Kritisch äußerte sich auch der ehemalige OSZE-Sonderbeauftragte zum Kampf gegen Radikalisierung, Peter Neumann. "Das ist Österreich, wie es seine Brücken zum Westen niederbrennt", twitterte der Londoner Terrorexperte, der im Vorjahr vom damaligen Außenminister Kurz in dessen Eigenschaft als OSZE-Vorsitzender zum Sonderbeauftragten der Sicherheitsorganisation gemacht worden war. "Wir brennen hier überhaupt nichts nieder", reagierte Außenministerin Kneissl am Dienstagabend in Belgrad auf die Kritik. "Wir sind zweifellos ein Land des Westens", betonte sie. Wer das anzweifle, "weiß nicht, wovon er spricht".

In den Diskussionen meldete sich mehrmals auch der Pressesprecher des Bundeskanzlers, Etienne Berchtold, zu Wort. Er wies darauf hin, dass auch andere Staaten wie Portugal, Luxemburg oder Griechenland sich nicht an der Ausweisung der russischen Diplomaten beteiligt hätten. Anders als Frankreich nach den Terroranschlägen im Jahr 2015 habe Großbritannien bisher nicht die EU-Solidaritätsmechanismen aktiviert, replizierte Berchtold auf den Hinweis von Bildt, dass Österreich nach Artikel 42.7 des EU-Vertrags die Verpflichtung habe, angegriffenen EU-Staaten Beistand zu leisten.

(APA)


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