Kneissl zu Giftaffäre: Österreich hatte keine Angst vor russischen Sanktionen

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"Wenn es hart auf hart geht, muss man die Kanäle offenhalten", sagt die Außenministerin. Putin geht trotz der beispiellosen Strafmaßnahmen auf die USA zu.

Die Entscheidung der österreichischen Bundesregierung, keine russischen Diplomaten auszuweisen, hat laut Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) nichts mit eventuellen Ängsten vor russischen Gegenmaßnahmen zu tun. "Bei den Überlegungen des Außenministeriums und in der Absprache mit dem Bundeskanzler ist das nie ins Gewicht gefallen", sagte sie am Mittwoch in Belgrad.

Die Entscheidung widerspiegle vielmehr die prinzipielle Haltung Österreichs. Das Instrument der Diplomatenausweisung habe man hierzulande immer "sehr sparsam" eingesetzt, diese Tradition setze man fort. "Gerade wenn es hart auf hart geht, muss man die Kanäle offenhalten", sagte Kneissl. Das Beispiel USA-Iran (1980 wurden alle bilateralen diplomatischen Kontakte abgebrochen, Anm.) zeige, dass niemand von solchen Maßnahmen profitiere. "Das tut beiden Staaten weh". Man wisse dann wenig über die Entwicklungen im jeweiligen Land, und müsse auf die Dienste anderer Botschaften zurückgreifen.

Anders als ein großer Teil der anderen EU-Staaten hatte Österreich keine nationalen Maßnahmen als Reaktion auf die Giftaffäre ergriffen. Dafür war Österreich scharf kritisiert worden. Österreich brenne seine Brücke zum Westen nieder, meinte etwa der ehemalige OSZE-Sonderbeauftragte zum Kampf gegen Radikalisierung, Peter Neumann. Großbritannien wirft Russland vor, den früheren Doppelagenten Sergej Skripal und dessen Tochter Julia mit dem Kampfstoff Nowitschok vergiftet zu haben. Moskau bestreitet dies vehement.

Die Außenministerin bestätigte am Mittwoch, dass der britische Botschafter in Österreich bereits am Mittwoch (also vor dem EU-Gipfel) eine Demarche eingebracht habe, "um uns zu bestimmten Maßnahmen zu animieren". Am Samstag sei diese Demarche wiederholt worden.

Slowakei streitet um Reaktion

Auch die Slowakei hatte sich - anders als die Nachbarländer Tschechien und Polen - der koordinierten Ausweisung russischer Diplomaten nicht angeschlossen. Außenminister Miroslav Lajcak verteidigte dies am Mittwoch: "Unsere weiteren Schritte hängen davon ab, wie die Russische Föderation in den nächsten Tagen reagiert." Staatspräsident Andrej Kiska hatte eine Erklärung gefordert, warum die Regierung dem Wunsch Großbritanniens nach einem Zeichen der Solidarität nicht nachgekommen war.

Montenegro hingegen gab am Mittwoch seine Beteiligung bekannt. Dem russischen Honorarkonsul werde die Akkreditierung entzogen, sagte das Nato-Land.

Kurz will Putin-Trump-Treffen in Wien

Russlands Präsident Wladimir Putin ist auch nach den beispiellosen westlichen Strafmaßnahmen zu einem Gipfeltreffen mit US-Präsident Donald Trump bereit, teilte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow mit. Putin und Trump hätten in der vergangenen Woche über diese Möglichkeit gesprochen, sagte Peskow. Ob es dazu komme, "hängt von der amerikanischen Seite ab, aber die russische Seite ist weiterhin offen" für einen USA-Russland-Gipfel.

Russland hatte den USA zuvor die "Zerstörung" der bilateralen Beziehungen vorgeworfen, nachdem mehr als zwei Dutzend westliche Staaten unter Federführung Washingtons über 140 russische Diplomaten des Landes verwiesen haben.

Bundeskanzler Kurz hat wiederholt sein Interesse daran geäußert, ein Gipfeltreffen zwischen Trump und Putin auszurichten. Bereits vor der Nationalratswahl sagte der damalige ÖVP-Chef, er wolle Trump und Putin "aktiv anbieten, in einem Gipfeltreffen die großen Herausforderungen der int. Politik im neutralen Österreich zu besprechen".

(APA/AFP)

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