Legale Wege zu einem zweiten Pass

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Italien ist sehr liberal, aber auch in Österreich kann man zwei Pässe erhalten – ausnahmsweise.

Wien. Wer Österreicher werden will, muss in der Regel seinen anderen Pass abgeben. Doch es gibt auch hierzulande Leute, die ganz legal zwei Staatsbürgerschaften haben. Allerdings geht das nur in Ausnahmefällen.

Am einfachsten ist es, wenn die Eltern unterschiedliche Staatsbürgerschaften haben. Dann kann man von Kindheitsbeinen an über zwei Pässe verfügen. Auch bei Jugendlichen im Alter von 14 bis 18 gibt es Wege, über die Eltern legal zum Zweitpass zu kommen.

Bei Erwachsenen ist es hingegen von Vorteil, wenn man eine besondere Begabung hat, etwa im sportlichen oder künstlerischen Bereich. Ist eine Einbürgerung im Interesse der Republik, wird man nicht nur schneller Österreicher, sondern darf auch zwei Staatsangehörigkeiten besitzen. Anna Netrebko kann ein Lied davon singen.

Das Ganze geht auch umgekehrt: Verlässt man Österreich zum Beispiel als Bodybuilder, um Hollywoodstar und US-Amerikaner zu werden, lassen die heimischen Behörden nicht unbedingt die Muskeln spielen. Die Doppelstaatsbürgerschaft ist auch dann erlaubt, prominent genug muss man dafür halt schon sein. Einfache Auslandsösterreicher können zwar ebenso eine Doppelstaatsbürgerschaft beantragen, hier sind die heimischen Behörden aber sehr restriktiv.

Und dann gibt es Staaten, die ihre Bürger nie aus ihrer bisherigen Staatsbürgerschaft entlassen, etwa der Iran oder Kuba. Damit auch aus diesen Staaten stammende Bürger Österreicher werden dürfen, ist die Alpenrepublik nicht so streng. Sie erlaubt in diesen Fällen Doppelstaatsbürgerschaften. Auch Griechenland entließ seine Bürger lange Zeit nicht aus ihrer Staatsbürgerschaft. Das ist der Grund, warum Wiens heutige Vizebürgermeisterin, Maria Vassilakou, in den 1990er-Jahren zwei Pässe erhielt. In Österreich anerkannte Flüchtlinge müssen ihre bisherige Staatsbürgerschaft ebenfalls nicht zurücklegen. Der Grund liegt darin, dass man ihnen nicht zumuten will, ihr Heimatland zu kontaktieren, aus dem sie geflüchtet sind. Und auch jene Menschen, die von den Nazis vertrieben wurden, dürfen zwei Staatsbürgerschaften haben.

Andere Länder erlauben Zweitpässe

In Zukunft könnte es noch mehr Ausnahmen geben: Immerhin will die Regierung Angehörigen der deutschen und ladinischen Sprachgruppe in Südtirol einen Pass verleihen. Das ist einerseits juristisch heikel, weil Österreich kein sprichwörtliches Tor für andere interessierte Gruppen öffnen möchte. Andererseits benötigt die Koalition dafür diplomatisches Gespür. In Rom interpretiert man die Pläne als feindlichen Akt. Dabei ist Italien mit der Idee von Doppelstaatsbürgerschaften grundsätzlich vertraut: Seit 1992 ist es in dem Land erlaubt, zwei Pässe zu besitzen. Eigenen Minderheiten im Ausland wird ebenfalls die Staatsbürgerschaft verliehen.

Ähnlich liberal ist auch Großbritannien – das könnte dem einen oder anderen Staatsbürger nach dem Brexit durchaus gelegen kommen. Irland böte sich dafür an: Einwohner Großbritanniens müssen dafür aber eine irische Abstammung nachweisen. Sonst wäre auch Frankreich eine Option: Seit 1973 sind Zweitpässe unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt.

Auch in Deutschland ist man nicht so restriktiv – auch wenn das in der CDU umstritten ist. Kinder von Nicht-EU-Bürgern, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind, dürfen beide Staatsbürgerschaften haben. Es gibt aber auch Länder, die es wie Österreich handhaben: Wer in Norwegen einen Antrag auf Staatsbürgerschaft stellt, muss den bisherigen Pass abgeben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.03.2018)

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