Giftaffäre: „Sogar während des Kalten Krieges waren die Dinge viel ruhiger“

Der deutsche Botschafter in Russland.
Der deutsche Botschafter in Russland.REUTERS
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Russland weist in der Giftaffäre massenhaft Diplomaten aus - auch aus Deutschland. Britische Ermittler hoffen indes auf Aussagen von Julia Skripal.

Der Kreml Vergeltung für die Massenausweisung seiner Diplomaten aus westlichen Staaten. Unter anderen sollen nun vier deutsche Diplomaten Russland verlassen. Darüber wurde der deutsche Botschafter in Moskau am Freitag informiert, wie das Auswärtige Amt in Berlin mitteilte. Berlin hatte seinerseits vor dem Hintergrund des Giftanschlags auf den russschen Ex-Spion Sergej Skripal in Großbritannien vier russische Diplomaten ausgewiesen.

Der deutsche Außenminister Heiko Maas sagte, Deutschland bleibe zum Dialog mit Russland bereit. „Unsere Reaktion im Fall Skripal war als politisches Signal notwendig und angemessen, aus Solidarität mit Großbritannien und weil sich Russland bisher jeglicher Aufklärung des Sachverhalts verweigert“, sagte Maas.

Schon am Donnerstag hatte Russland bekannt gegeben, auch 60 US-Diplomaten des Landes zu verweisen. Die Entscheidung bedeute eine „weitere Verschlechterung der Beziehungen zwischen den USA und Russland“, erklärte daraufhin die Sprecherin des Weißen Hauses, Sarah Sanders. Der Schritt sei aber keine Überraschung.

Am Freitag traf es nun neben Deutschland unter anderen Diplomaten aus den Niederlanden, den drei baltischen Staaten, aus Polen und aus Tschechien. Man habe mit diesem “Vergeltungsschritt der russischen Seite“ gerechnet und nehme ihn zur Kenntnis, hieß es in Prag.

Kalter-Krieg-Vergleich in Sofia

Hintergrund ist der Streit über den Giftanschlag auf den Ex-Agenten Sergej Skripal im englischen Salisbury. Die Regierung in London macht Russlands Präsident Wladimir Putin dafür verantwortlich. Fast 30 Länder, darunter die USA, Großbritannien, Deutschland und Frankreich haben insgesamt etwa 130 russische Diplomaten ausgewiesen. Österreich zählt zu jener Minderheit, die die Aktion boykottiert. Auch Bulgarien will keine russischen Diplomaten vor die Tür setzen. Regierungschef Boiko Borissow erinnerte am Freitag an die angespannte internationale Lage: „Sogar während des Kalten Kriegs waren die Dinge viel ruhiger.“ Er hatte sich zuvor mit dem für Konsultationen zurückbeorderten bulgarischen Botschafter in Moskau beraten.

Neben Sergej Skripal war an jenem 4. März auch dessen Tochter Julia vergiftet worden. Ihr geht es nach Klinikangaben inzwischen deutlich besser. Die 33-Jährige könne sogar wieder essen und trinken, berichtete der Fernsehsender Sky News. Die Ermittler nun auf Aussagen von Julia Skripal. Möglicherweise könnte sie etwa Auskunft darüber geben, ob sie und ihr Vater vor dem Attentat verfolgt wurden, berichteten britische Medien am Freitag.

Julia Skripal lebt in Moskau. Sie besuchte ihren Vater, als es zu dem Giftangriff kam. Ihr Bruder Alexander soll 2017 in Russland an plötzlichem Leberversagen gestorben sein. Britische Medien bezeichnen auch das als mysteriös.

(ag.)


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