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Erst vertonte Milhaud Maschinen, dann eine Enzyklika

Ein Komponist macht aus Franziskus' Liebes–Text Musik: Über vertonte päpstliche Worte und (kuriose) Papstausflüge in die Musik.

„Ich empfehle nicht, es hastig ganz durchzulesen“, liest man zu Beginn des Textes „Amoris laetitia“, „Freude der Liebe“, den Papst Franziskus 2016 veröffentlicht hat. Eine Andeutung über die Zulassung zur Kommunion für wieder verheiratete Geschiedene darin sorgte für heftige Diskussionen. Mehr als diese könnte dem Papst behagen, was nun ein Komponist aus seiner „Amoris laetitia“-Lektüre gemacht hat. Eine Kantate gleichen Namens hat Federico Mantovani dazu verfasst, am 26. April wird sie in der Kathedrale von Cremona uraufgeführt. Wie bei Franziskus geht es in ihr um Liebeserfahrungen zwischen den Geschlechtern und herausforderndes Familienleben.

Papstworte als Musik – das ist äußerst selten, ganz neu ist es nicht. 1963 erschien die Enzyklika „Pacem in terris“, moralisches Vermächtnis des dem Tod nahen Papstes Johannes XXIII. Er rief darin unter anderem zu einem Totalverbot von Atomwaffen auf. Der jüdische Komponist Darius Milhaud schrieb eine Chorsymphonie zu „Pacem in terris“, sie wurde zur Einweihung des Pariser Rundfunkgebäudes 1964 uraufgeführt. Milhauds Vorliebe für ungewöhnliche Textvorlagen ist bekannt. 1919 hat er einen Ausstellungskatalog über Agrarmaschinen („Machines agricoles“) vertont, 1923 einen Text über einen Menschen, der an einem Regentag einen Blumenkatalog ansieht.

Eine vertonte Enzyklika war Papst Franziskus bisher nicht vergönnt. Immerhin hat das Rafael Alcántara Jazz Quartett seine zweite Enzyklika „Laudato si'“ (mit dem Hauptthema Umwelt- und Klimaschutz) auf einer CD mit Musik unterlegt. Im selben Jahr wurde Franziskus als „Pope-Star“ vermarktet – als mit Rockmusik unterlegte Predigten von ihm erschienen.

Umgekehrt wagten sich auch Päpste zuletzt hin und wieder in die (moderne) Musik und deren Texte – mit eher kuriosen Ergebnissen. Als etwa Bob Dylan 1997 beim Eucharistischen Kongress in Bologna spielte, philosophierte Johannes Paul II. über dessen Lied „Blowin' in the Wind“ – der Wind sei der Heilige Geist, und die Antwort auf die Frage „How many roads must a man walk down?“ laute: einen einzigen Weg, nämlich Christus. Auch konnten wohl nur bedingungslose Benedikt-Fans der CD „Alma Mater“ (2009) etwas abgewinnen, auf welcher der 82-jährige Papst mit einigen Gesangsproben zu hören ist (unter anderem „Regina Coeli“).

Eine wichtigere päpstliche Fußnote der Musikgeschichte ist Papst Clemens IX. Er schrieb im 17. Jahrhundert Libretti – für die Opera buffa.

anne-catherine.simon@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.04.2018)

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