Mit Geld zur Macht

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Welche Ziele aber verfolgt Peking mit der Seidenstraßeninitiative? Hier spielen mehrere nationale und externe Faktoren zusammen.

Wirtschaft und Handel

Kürzere und billigere Handelsrouten nach Europa. Die EU ist Chinas größter Handelspartner. Die Volksrepublik will aber nicht nur Beziehungen zu den Unionsmitgliedern festigen, sie sieht auch Nicht-EU-Mitglieder, wie die Westbalkanländer oder Weißrussland, als lukrative Märkte an und versucht daher, die Wirtschaftsbeziehungen auszubauen. Die verbesserte Infrastruktur entlang der Neuen Seidenstraße senkt die Transportkosten für Importe und Exporte. Mit der Bahnverbindung von China nach Europa über Zentralasien können Güter wesentlich schneller – in etwa zwei Wochen - als per Schiff verfrachtet werden.

Wirtschaftswachstum sichern. Die chinesische Regierung will die florierende Wirtschaft in Schuss halten. Unter der Leitlinie "New Normal" (mit einem Fokuswechsel von Investitionen zu Konsum) verabschiedet sich Peking zwar von zweistelligem Wirtschaftswachstum. Doch es will weiter einen moderaten Aufschwung gewährleisten. Die Schaffung neuer Absatzmärkte für chinesische Produkte ist daher von Bedeutung. Das betrifft vor allem Staatsunternehmen in Branchen wie dem Baugewerbe, der Stahl-, Zementherstellung und dem Maschinenbau, denen ihr Überkapazitäten zu schaffen machen. Die Teilnahme an Infrastrukturprojekten an der Seidenstraße, kann helfen, dieses Problem zu lösen. Zugleich kann China mit dem Wissen über den Bau von Hochgeschwindigkeitszügen punkten.

Internationalisierung des Yuan. Peking will die internationale Bedeutung des Yuan steigern. Aufgrund engerer Handelsbeziehungen, mehr Investitionen und der Integration der Finanzmärkte der BRI-Staaten wird der Yuan bei internationalen Transaktionen häufiger genutzt werden.

Sicherheit

Entwicklung von Westchina. Seit einigen Jahren versucht Peking, den Westen und das Zentrum des Landes an der boomenden Wirtschaft in den hoch entwickelten Küstengebieten teilhaben zu lassen. Besonders im Fokus steht Xinjiang, die Unruheprovinz im Westen China, die gleich an acht Staaten grenzt. Peking pumpt Milliarden in den Wirtschaftsaufschwung der "Kernregion der Neuen Seidenstraße": Sie ist China Tor nach Zentralasien.

Anti-Terror-Kampf. Hier spielt ein weiterer Faktor hinein: China will verhindern, dass die Bewohner der mehrheitlich muslimischen Provinz Xinjiang sich radikalisieren. Das soll unter anderem durch die engere Kooperation mit von Islamisten heimgesuchten Staaten wie Pakistan und Afghanistan gelingen. Zugleich will Peking Nachbarstaaten stabilisieren.

Energiesicherheit. Ein Großteil der chinesischen Erdölimporte und auch andere Güter werden über die Straße von Malaga, die bedeutende Schiffsroute zwischen dem Indischen Ozean und dem Südchinesischen Meer, verschifft. Diese Abhängigkeit vom Schiffshandel könnte China bei einer militärischen Auseinandersetzung zum Verhängnis werden. Mit dem Fokus auf Zentralasien und schafft sich Peking neue Versorgungsrouten.

Militärische Stärke. Einige Projekte können auf lange Sicht dazu dienen, Chinas militärischen Fußabdruck in der Welt zu vergrößern. So wird spekuliert, dass Peking die von ihm finanzierten Tiefseehäfen im Indischen Ozean in der Zukunft als Militärstützpunkte verwenden könnte.

Politik

Der chinesische Traum. Auf lange Sicht sind die politischen Motive der BRI von größerer Bedeutung als die wirtschaftlichen. Die Belt and Road Initiative ist ein wesentlicher Bestandteil der chinesischen Strategie, zu einer weltweiten Führungsmacht heranzuwachsen. Mit seiner globalen Vision präsentiert der chinesische Präsident ein Gegenmodell zu der von den USA dominierten Welt. Während mit Donald Trump ein eingefleischter Globalisierungsgegner die Geschicke der USA lenkt, präsentiert sich Xi als Verfechter des freien Welthandels.

Neue internationale Ordnung. Mit seiner globalen Vision einer vernetzten Welt baut Peking nicht nur seine Macht aus, sondern definiert die internationalen Beziehungen, wie wir sie kennen, sukzessive um. Denn es ist die chinesische Regierung, die die Bedingungen der Kooperation im Rahmen der BRI aktiv definiert. Wer ins Geschäft kommen will, muss sich langfristig den chinesischen Vorgaben beugen. Dabei geht es außer um räumliche oder logistische auch um ideelle Konnektivität. Peking will die Deutungsmacht über politische Diskussionen erlangen.

Die Macht des Geldes. Mit seiner Investitionspolitik kauft sich Peking förmlich Einfluss rund um den Globus. Von dem Druckmittel Geld weiß die Volksrepublik in politische Unterstützung umzusetzen, wenn es um heikle Fragen wie Taiwan, Tibet, Menschenrechte oder das Südchinesische Meer geht.

Einfluss in der Region sichern. China hat mit 22.133 Kilometern die längste Landgrenze der Welt, die Seegrenze der Volksrepublik erstreckt sich über mehr als 14.500 Kilometer. Vor allem im Osten und Süden ist China von US-Verbündeten umgeben, im Südwesten liegt der Rivale Indien.

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