Der neue ÖVP-Chef Martin Gruber hält an der Koalition fest. Die SPÖ hatte der ÖVP zuvor ein Ultimatum gestellt. Und kann in der Regierung nun im Alleingang entscheiden.
Klagenfurt/Wien. Landeshauptmann Peter Kaiser hatte auf den Führungswechsel in der ÖVP mit einem Ultimatum reagiert: Der Koalitionspartner müsse einer Verfassungsänderung zustimmen, wenn er die in der Vorwoche ausverhandelte Zusammenarbeit nicht gefährden wolle. Für den Lauf dieser Legislaturperiode soll demnach das Einstimmigkeitsprinzip in der Landesregierung außer Kraft gesetzt werden. Damit könnte die SPÖ, die laut Vereinbarung fünf von sieben Landesräten stellt, alle Beschlüsse im Alleingang fassen.
Noch vor Ablauf des Ultimatums am Donnerstag um 20 Uhr trat dann der designierte ÖVP-Chef Martin Gruber vor die Presse und bekundete, die Bedingungen der SPÖ erfüllen zu wollen und zum ausverhandelten Koalitionspakt zu stehen.
Sowohl die Forderung nach einem Aus für das Einstimmigkeitsprinzip als auch das Ultimatum waren heftiger Tobak für Gruber gewesen, der erst am Vorabend vom Landesparteivorstand bestellt worden war. Gruber traf am Donnerstag erstmals mit Kaiser zusammen und versuchte, die Forderung abzuschwächen: Er wollte die Mehrheitsentscheidungen in der Regierung zeitlich befristet haben. Dies werde auch nicht die Regel sein, habe ihm Peter Kaiser versichert.
Kaiser trat nach Grubers Auftritt vor die Presse und meinte, dass die Abkehr vom Einstimmigkeitsprinzip nur für den Notfall gelte – wenn etwa das Budget blockiert würde. Sonst freute er sich, dass die Turbulenzen beim künftigen Koalitionspartner vorbei seien, und präsentierte einen straffen Zeitplan, um die Koalition mit der nunmehrigen Gruber-ÖVP endgültig zu fixieren.
Druck auf Benger
Indessen ist der Rücktritt von Benger weiterhin Gesprächsthema. Dieser gilt innerparteilich schon länger als umstritten. Schon im Landtagswahlkampf gab es Inserate, in denen zwar die Kärntner ÖVP-Minister Elisabeth Köstinger und Josef Moser gezeigt wurden, nicht aber der Landesparteichef. Die Ablöse selbst kam also nicht ganz überraschend, wohl aber der Zeitpunkt kurz nach abgeschlossenen Koalitionsverhandlungen.
Eine wichtige Rolle dabei dürfte ein Brief gespielt haben, den die „Kleine Zeitung“ veröffentlichte: Darin fordern etliche ÖVP-Bürgermeister aus Oberkärnten ultimativ einen Landesratsposten für den bisherigen Klubchef Ferdinand Hueter. Anderenfalls seien sie nicht mehr bereit, noch etwas für die Landes-ÖVP zu tun. Und auch bei den Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen im Jahr 2021 würden sie nicht mehr unter der Flagge der ÖVP antreten.
Die Aktion ging mit der Bestellung Grubers jedoch nach hinten los. Denn Hueter – er gehört wie Gruber dem Bauernbund an – ist der zweite ÖVP-Regierungssitz nun versperrt. Denn auf ihn hat gemäß der ÖVP-Machtbalance der Wirtschaftsbund Anspruch.
Auch sonst kursieren Gerüchte über innerparteiliches Mobbing in sozialen Netzwerken, das auch die Familie Bengers nicht verschont haben soll. Zudem soll es ein Treffen der Benger-Gegner in einem Gasthaus gegeben haben, bei dem auch Bundesparteichef Sebastian Kurz kontaktiert worden sein soll. Bestätigungen dazu stehen aus.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.04.2018)