War es das Ziel von #MeToo, den allgemeinen Geschlechterkampf zu eröffnen?
Recht geknickt sieht er aus, der nackte Mann auf der Titelseite der neuen Ausgabe der „Zeit.“ Daneben die Schlagzeile „Schäm dich, Mann.“ Was haben wir Männer denn jetzt wieder verbrochen?
Aber nein, es ist umgekehrt. ZEIT-Autor Jens Jessen, Jahrgang 1955, klärt uns in seinem „Wutausbruch“ im Innern des Blatts auf, was Sache ist: Seit einem halben Jahr tobt nun die #MeToo-Debatte. Nach Jessen geht es darin längst nicht mehr um die Gleichberechtigung Mann – Frau, sondern um den Triumph eines totalitären Feminismus, dessen einziges Ziel es sei, Männer nach Herzenslust niederzumachen. An Hand von Einzelfällen, in denen sich miese Typen fehlverhalten haben, werde eine Allgemeinverantwortung konstruiert, der Mann als Kollektivsubjekt gesehen, als Opfer einer großen weiblichen Willkürherrschaft: „Heute ist alles, was Männer tun, sagen, fühlen oder denken, falsch – weil sie dem falschen Geschlecht angehören.“
Mensch Jessen! Der Shitstorm in den letzten Tagen ist wohlverdient. Es geht bei #MeToo nicht um einen Geschlechterkrieg, sondern um Grenzüberschreitungen, um sexualisierte Gewalt. Es mag schon sein, dass manchmal die Proportionen in der Diskussion nicht gewahrt wurden, aber eine derartige Pauschalisierung und Generalisierung haben wir in dem deutschen Intelligenzblatt nicht erwartet.
Die Debatte, die wir uns wünschen, soll ohne Geschlechter-Bashing auskommen. Wenn wir Männer, wie Jessen beklagt, uns nicht ausreichend in der Debatte zu Wort melden, ist das nicht, weil wir ein schlechtes Gewissen haben oder zähneknirschend abwarten, bis wir so richtig zurückschlagen können, sondern weil wir uns von der Debatte nicht existenziell bedroht fühlen und nebenbei auch eben diese Radikalisierung und diesen reißerischen Ton vermeiden wollen. Also, liebe ZEIT, keine Wutausbrüche mehr, wir sind für klare Analysen, die das Blatt sonst so gut beherrscht. Wutausbrüche gestehen wir den Frauen zu, die im Hotelzimmer von Männern im Bademantel empfangen werden.