Nach Giftanschlag: Sergej Skripal nicht mehr in Lebensgefahr

Archivbild: In einem Park wurden Skripal und seine Tochter Julia am 4. März im britischen Salisbury gefunden
Archivbild: In einem Park wurden Skripal und seine Tochter Julia am 4. März im britischen Salisbury gefundenAPA/AFP/BEN STANSALL
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Die Ärzte des Ex-Doppelagenten sehen Skripal außer Lebensgefahr. Erstmals gibt es Vermutungen darüber, von woher genau in Russland das beim Angriff verwendete Nervengift stammt.

Nach dem Giftanschlag in der südenglischen Kleinstadt Salisbury befindet sich der russische Ex-Doppelagent Sergej Skripal auf dem Weg der Besserung. Der Gesundheitszustand von Skripal "verbessert sich rasch", erklärten am Freitag dessen Ärzte. Skripals Zustand sei nicht mehr lebensbedrohlich.

Skripal und seine Tochter Julia waren am 4. März bewusstlos auf einer Parkbank im britischen Salisbury entdeckt worden. Die Tochter meldete sich am Donnerstag erstmals seit dem Attentat öffentlich zu Wort und berichtete von ihren Fortschritten bei der Genesung. Sie äußerte sich in ihrem von Scotland Yard verbreiteten Schreiben aber weder zum Gesundheitszustand ihres Vaters noch zu eventuellen Motiven oder Beobachtungen kurz vor der Tat.

Neuigkeiten gibt es auch bei der Spurensuche nach der Herkunft des verwendeten Gifts. Dieses soll einem Bericht zufolge aus einer russischen Militärforschungsanlage in Schichany stammen. Dort seien kleinere Mengen des Nervengifts Nowitschok gelagert worden, berichtete die britische Zeitung "The Times" am Freitag. Die Einrichtung liegt im Gebiet Saratow an der Wolga.

Geheimdienstinformationen wiesen klar auf Schichani hin, sagte der britische Chemiewaffen-Experte Hamish de Bretton-Gordon der Zeitung. Die dort gelagerten Mengen seien ausreichend für Attentate, aber zu gering für militärische Einsätze gewesen. Es gebe keine Hinweise darauf, dass das Gift aus anderen Laboratorien der früheren Sowjetunion stamme, etwa aus der Ukraine oder aus Usbekistan.

Der Kreml wies den Bericht zurück. "Alle Standorte, an denen Chemiewaffen gelagert wurden, sind bekannt. Schichani gehört nicht dazu", sagte Michail Babitsch, der Kremlvertreter im Föderationskreis Wolga, der Agentur Interfax. "Dieses Labor war nie Teil unserer Arbeit", betonte Babitsch.

Schichani arbeite an der Zerstörung von Chemiewaffen

In Schichani befindet sich eine Filiale des Forschungsinstituts Gosniiocht. Nach eigener Darstellung befasst sich die Einrichtung mit Sicherheitsfragen im Chemiebereich und hatte Technologien zur Vernichtung von C-Waffen entwickelt. Schichani mit rund 6000 Einwohnern liegt etwa 800 Kilometer südöstlich von Moskau.

Schichani ist Teil eines Netzwerks sogenannter geschlossener Städte, in denen während der Sowjet-Ära geheime Militärbauten und Forschungseinrichtungen untergebracht waren. Mehrere russische Wissenschafter haben erklärt, Nowitschok sei in Schichani entwickelt worden. Nach Angaben des Forschungsinstituts wird dort heute an der Zerstörung chemischer Waffen und an der "Wahrung der Sicherheit" des Landes gearbeitet. Im September 2017 hatte der russische Präsident Wladimir Putin versichert, Moskau habe seine letzten chemischen Waffen zerstört.

Deutschland hält Vorwürfe gegen Russland für "plausibel"

Die deutsche Regierung hält die britischen Hinweise für "äußerst plausibel", sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer am Freitag in Berlin. Sie reagierte auf die Äußerung des britischen Botschafters in Deutschland, Sebastian Wood. Dieser hatte gesagt: "Unsere Nachrichtendienste wissen, dass es dieses Geheimprogramm zum Nowitschok-Giftstoff gibt, das die russische Regierung nie offengelegt hat." Demmer sprach von einem "destruktiven Verhalten" Russlands, das auf sehr konkrete Fragen der britischen Regierung nicht geantwortet habe. Deshalb sei die Reaktion Deutschlands, das wie andere Nato-Partner russische Diplomaten ausgewiesen hat, angemessen. Man sehe ein "Muster russischen Verhaltens", das immer wieder völkerrechtswidriges Vorgehen zeige.

(APA/dpa/AFP/Reuters)

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