Mahnmal am Haus des Meeres: Alles für die Fische?

Haus des Meeres
Haus des Meeres(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Seit Jahrzehnten dient der Flakturm im Esterházypark dem „Haus des Meeres“ als Quartier. Vor der Wahl zwischen Mahnmal und Aquarium hat sich Wien nun für Letzteres entschieden. Kann man mit dieser Entscheidung leben?

Was ist das: Es ist grau wie ein Elefant, hat Ohren wie die Mickymaus und meterdicke Wände aus Stahlbeton? Die meisten alteingesessenen Wiener werden erraten, dass einer der sechs Flaktürme gemeint ist, die während des Zweiten Weltkriegs jeweils als Paare von Geschütz- und Leitturm errichtet wurden. Die Standorte – zwei im Arenbergpark, zwei im Augarten und zwei im sechsten Bezirk – sind strategisch so gewählt, dass sie ein Dreieck um die Innere Stadt ergeben. Ursprünglich war das Dreieck weiträumiger geplant; die zentrumsnahe Anordnung erfolgte schließlich weniger aus militärischen Gründen, sondern vor allem, um Präsenz in der Stadt zu zeigen. Nach dem „Endsieg“ sollten die Türme zu Denkmälern werden, verkleidet in schwarzem Marmor, mit eingemeißelten Namen gefallener Soldaten. Die charakteristischen auskragenden Plattformen wären in runden Ecktürmen verschwunden.

Die Flaktürme sind herausragende Mahnmale des Faschismus in Österreich. Sie waren Teil des totalitären Machtapparats des NS-Regimes und sind daher Erinnerungsorte, die mit größter Sensibilität zu behandeln sind. Fünf der Türme stehen unter Denkmalschutz und werden weitgehend im Zustand von 1945 erhalten. Die Ausnahme bildet der Turm im Esterházypark, einer kleinen Grünoase im sechsten Bezirk. Sie geht auf einen Barockgarten zurück, zu dem auch ein 1970 abgerissenes Barockpalais gehörte. Der Turm im Esterházypark ist von allen Flaktürmen jener mit der größten öffentlichen Präsenz und war daher seit 1945 Anlass zahlreicher Vorschläge zu einer Umnutzung oder Erweiterung. Die ersten Projekte aus den frühen 1950er-Jahren laufen auf ein Verstecken des Turms in einer Ummantelung aus Wohnungen hinaus. Die Arbeitsgruppe 4 (Holzbauer, Kurrent und Spalt) projektierte 1958 bis 1962 mehrere Varianten, die vorsahen, alle sechs Türme als Sockel für Hochhäuser zu nutzen. Aus der militärstrategischen Anordnung im Dreieck wäre so eine städtebauliche Großfigur geworden. Hans Hollein skizzierte 1960 skulpturale Aufbauten auf dem Turm im Esterházypark, Christo wollte ihn in den 1970er-Jahren temporär verhüllen.

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