Kurz und Van der Bellen sehen Interesse an stärkerer Kooperation. Auch Rechtsstaatlichkeit war Thema.
Peking. Verspätungen können auch ein gutes Zeichen sein – so sieht das jedenfalls Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Gemeinsam mit ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz hatte er im Rahmen des Staatsbesuchs in China zu einer Pressekonferenz gebeten, die allerdings eine Stunde später als geplant starten musste. Grund: „Wir haben uns mit Staatspräsident Xi Jinping gut verstanden“, erklärte Van der Bellen.
Xi hatte die heimischen Spitzenpolitiker zu einem feierlichen Bankett geladen. „Wir sind sehr herzlich empfangen worden und haben ein Gefühl der großen Wertschätzung vermittelt bekommen“, sagte der Präsident. Nachsatz: „Das erkennt man auch an der langen Gesprächsdauer.“ Auch Kanzler Kurz sprach von einem „erfolgreichen Tag“. Mit der hochrangig besetzten Delegation aus vier Ministern, 170 Wirtschaftstreibenden und 30 Vertretern aus Wissenschaft und Kultur habe Österreich „gezeigt, dass es Interesse an einer verstärkten Kooperation“ gebe. Immerhin ist China der zweitwichtigste Handelspartner Österreichs außerhalb Europas. Das Handelsvolumen beträgt zwölf Milliarden Euro – Tendenz steigend.
„Strategische Partnerschaft“ geplant
Laut Kurz will Österreich den EU-Ratsvorsitz in der zweiten Jahreshälfte auch dazu nützen, um Kontakte zu anderen Staaten außerhalb der EU zu stärken. Für einen geplanten Gipfel der Asean-Staaten in Brüssel habe China nun ganz offiziell die Teilnahme bestätigt. Aber im Laufe des Ratsvorsitzes soll auch auf alle Player des Handelskonflikts zwischen den USA und China eingewirkt werden: „Wir haben das Thema Freihandel angesprochen.“ An ihm führe „kein Weg vorbei, und Chinas Markt ist zum Teil ein protektionistischer. Wir wünschen uns mehr Rechtsstaatlichkeit und mehr Planbarkeit.“
Der Kanzler weiter: „Wir haben kein Interesse daran, dass die US-Drohungen bei Zöllen wahr werden. Aber wir sind beim Blick auf China nicht blind.“ Jetzt müsse seitens der EU alles daran gesetzt werden, dass aus der vorübergehenden Lösung mit den USA – die ja vorerst im Handelsstreit eingelenkt haben – eine dauerhafte werde. Bei den Gesprächen mit den Österreichern in Peking habe China jedenfalls seine Position bestärkt, im Falle von US-Zöllen zu Gegenmaßnahmen bereit zu sein. Doch jetzt sollten Konflikte nicht im Zentrum stehen: Mit Staatspräsident Xi haben Van der Bellen und Kurz eine Gemeinsame Erklärung verfasst. Darin wird festgehalten, dass die Beziehung beider Länder „auf die Ebene einer von Freundschaft getragenen Strategischen Partnerschaft“ angehoben werden soll.
Auf die Frage, ob Van der Bellen im Gespräch mit Xi das Thema Menschenrechte angesprochen habe, verwies der Präsident ebenfalls auf die Erklärung. Darin heißt es: „Beide Seiten unterstreichen die Bedeutung der Förderung und des Schutzes der Menschenrechte und der Grundfreiheiten im Sinne der Charta der Vereinten Nationen.“ Van der Bellen: „Ich denke, die Botschaft ist angekommen.“
Ebenfalls in der Gemeinsamen Erklärung enthalten ist ein Bekenntnis beider, „ihre Märkte für Qualitätsprodukte gegenseitig zu öffnen“. Dies treffe etwa auf den Export von Schweinefleisch und Früchten nach China zu. Weiters bietet Österreich seine „Erfahrung und Expertise“ für die Olympischen Winterspiele 2022 in China an. Dazu soll es intensiveren Kontakt geben. Van der Bellen: „Da gibt es enormes Potenzial.“ Xi habe „großes emotionales Interesse am Wintersport“.
Apropos Emotionen: Dafür sorgte Österreich beim Bankett. Wie berichtet, ist ein siebenjähriges österreichisches Mädchen mit nach Peking geflogen. Es hat beim Bankett Stücke von Mozart sowie ein chinesisches Volkslied auf einer Geige gespielt, die einst Mozart gehörte. Van der Bellen: „Im riesigen Saal war es mucksmäuschenstill. Viele waren zu Tränen gerührt.“
AUF EINEN BLICK
Kanzler Kurz und Präsident Van der Bellen nutzten ein Bankett mit Chinas Staatschef Xi Jinping, um eine stärkere Kooperation auf den Weg zu bringen. Die Gemeinsame Erklärung enthält den Plan einer Strategischen Partnerschaft, erwähnt aber auch die „Bedeutung der Menschenrechte“. Beide Länder wollen ihre Märkte für Qualitätsprodukte stärker öffnen, was etwa den Export von Schweinefleisch nach China betreffen könnte. Im Rahmen des EU-Ratsvorsitzes will Österreich im Handelsstreit mit den USA vermitteln.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.04.2018)