Androsch zu Türkis-Blau: "Das ist Schmähtandlerei pur"

Hannes Androsch
Hannes Androsch(c) Clemens Fabry (Presse)
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Seit die ÖVP das Außenministerium 1987 erhalten hat, sei das Ressort "inhaltslos", kritisiert der frühere SPÖ-Vizekanzler. Auch am Budget über er Kritik: "Die Regierungsspitze hat sich 45 Millionen für Propagandazwecke genehmigt."

Der sich ausweitende Handelskrieg zwischen Ost und West sei ein "Zeichen von höchst begrenztem Horizont", kritisiert Hannes Androsch, von 1976 bis 1981 Vizekanzler für die SPÖ. "Die Chinesen machen es mit ihrer Seidenstraße nur geschickter als Putin mit seinen Bomben in Syrien", sagte der Unternehmer am Montag dem "Kurier". "In diesem Kontext muss man verstehen, warum Kreisky entsetzt war, als sein Nachnachfolger 1987 das Außenministerium an die ÖVP abgegeben hat. Seither ist das Ressort inhaltslos." Auch an Türkis-Blau übte Androsch, der von 1970 bis 1981 auch Finanzminister war, Kritik: "Österreich hat sich im Rahmen des europäischen Projektes isoliert, und wird sich mit der Politik der neuen Regierung noch weiter isolieren."

Angesprochen auf Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) meinte Androsch, hier sei eine Sehnsucht "der Menschen nach Neuem und Veränderung" erkennbar. Doch könnte auf diese rasch Ernüchterung folgen - "schneller als es den momentanen Nutznießern lieb sein mag", forderte er Taten ein. Konkret: "Man denke an das Rauchverbot, den Verfassungsschutz, den Lurch der Vergangenheit bei der Liederbuch-Affäre. Oder das Kopftuchverbot für Minderjährige, die in ihrer Religion gar nicht kopftuchpflichtig sind. Das ist Schmähtandlerei pur."

Als ersten "Testfall" ortete Androsch das eben präsentierte Budget. "Die Rede war noch nicht verhallt, musste man es schon korrigieren, etwa beim Auslandskatastrophenbeitrag. Dafür hat sich die Regierungsspitze 45 Millionen für Propagandazwecke genehmigt", beanstandete er. Auch am Kurs der SPÖ setzte es Kritik: "Wenn man nicht mit der Zeit geht, geht man mit der Zeit", richtete der Ex-Generaldirektor der Creditanstalt seiner Partei aus, die er "in vielen Belangen nicht auf dem Höhepunkt der Zeit" sieht. Die Menschen würden sich Halt und Orientierung wünschen, von der Sozialdemokratie werde ihnen das derzeit aber nicht angeboten.

"Mit ungenügenden Fußballern - kein Finale"

Angesprochen auf Kurzzeitkanzler und SPÖ-Chef Christian Kern meinte Androsch: "Ob wir eine Kern-Truppe haben, weiß ich nicht." Es brauche seriöse Politik, wie sich etwa in Kärnten mit dem Wahlsieg von Peter Kaiser gezeigt habe. Die Politik müsse sich Fragen der Sicherung der Pensionen, der Pflege, des Gesundheitswesens stellen. Aber: "Man ist nicht in der Lage, einen haltbaren Antrag auf einen U-Ausschuss zustandezubringen", fügte Androsch denn auch an und bemühte eine Metapher aus dem Sport: "Mit ungenügenden Fußballern kann man nicht ins Finale kommen. Es gelingt ja nicht einmal, einen Elfmeter ohne Tormann zu verwandeln. (...) Wenn man von 730.000 Mitgliedern in den 1970er-Jahren auf 150.000 abgesunken ist, hätten längst die Alarmglocken läuten müssen."

Freilich müsse man sich von jedem Mitbewerber abgrenzen, "man darf aber niemanden ausgrenzen", betonte Androsch. "Mit der FPÖ gibt es Schnitt- und Trennmengen. Darüber kann man reden, nicht aber über Grundsätzliches: eine klare Haltung zur Vergangenheit, zu Menschenrechten."

>>> Interview im "Kurier"

(hell)

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