Russland-Sanktionen sorgen für Kursdesaster bei Raiffeisen

APA/HANS KLAUS TECHT
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Österreichische Konzerne mit Russland-Schlagseite werden an der Börse fallen gelassen: Strabag verliert mehr als drei Prozent, OMV fünf Prozent, Raiffeisen Bank International gleich mehr als 14 Prozent.

Die neuen US-Sanktionen gegen Russland sorgen am Montag nicht nur für einen Crash an der Börse in Moskau, sondern ziehen auch österreichische Aktien mit nach unten. Das Papier des stark in Russland engagierten, teilstaatlichen Öl- und Gaskonzerns OMV gibt fünf Prozent ab. Die OMV arbeitet mit dem russischen Staatskonzern Gazprom unter anderem an der Nord Stream-2-Pipeline zusammen.

Weit schlimmer erwischt es die Raiffeisen Bank International. Ihre Aktie sackt am Montag Nachmittag um mehr als 14 Prozent ab auf ein Sieben-Monats-Tief von 26,39 Euro. Die Nervosität der Anleger ist verständlich. Schliesslich ist Russland die Cashcow der Bank. 443 Millionen Euro wurden im Vorjahr dort verdient ein insgesamt 1,116 Milliarden Euro Gewinn. "Die Sorge ist, dass Banken in Russland wegen der neuen Sanktionen Kredite verlieren könnten", sagte Roman Eisenschenk von Kepler Cheuvreux in Wien. "Das Russlandgeschäft ist für die Bank einer der Hauptertragsbringer", stimmte ein Börsianer in Frankfurt zu. Eine Sprecherin der Raiffeisenbank erklärte, zum jetzigen Zeitpunkt gehe man nur von einem minimalen Einfluss der Sanktionen auf die RBI-Gruppe aus.

Das Wiener Geldhaus, das zu den größten Kreditgebern in Osteuropa zählt, hatte sich in den vergangenen Jahren im Zuge seines Schrumpfkurses auch in Russland verkleinert.

Raiffeisen und OMV ziehen am Montag den Leitindex der Wiener Börse nach unten. Der ATX fiel um 2,7 Prozent auf 3359 Zähler und damit deutlich stärker als die meisten anderen europäischen Indizes.

Strabag "nicht unmittelbar betroffen"

Der Baukonzern Strabag, dessen Aktien mehr als drei Prozent nachgab  und an dem der mit US-Sanktionen belegte russische Oligarch Oleg Deripaska eine Sperrminorität hält, fühlt sich von den Sanktionen nicht unmittelbar betroffen. Die Strabag werde in den neuen US-Sanktionsregeln nicht genannt und Deripaska bzw. seine Firmen hätten auch keine Mehrheitsbeteiligung an der Strabag, heißt es in einer Stellungnahme zur APA.

"Aus diesen Gründen sind wir von den US-amerikanischen Sanktionen nach unserer Einschätzung nicht unmittelbar betroffen. Wir werden die Situation jedoch laufend im Auge behalten und mit den von Sanktionen betroffenen Personen und Firmen keine rechtsgeschäftlichen Beziehungen eingehen", so die Strabag.

Deripaska hält über den russischen Industriekonzern Basic Element und die zypriotische Gesellschaft Rasperia Anteile an der Strabag. Konkret stehen 25,9 Prozent der Strabag-Anteile im Eigentum der Rasperia Trading Limited. Weitere Strabag-Aktionäre sind die Familie Haselsteiner und die Raiffeisen/Uniqa-Gruppe.

Die USA haben am Freitag gegen 38 russische Firmen und Einzelpersonen Sanktionen verhängt und dies als Reaktion auf "das wachsende Muster bösartiger Aktivitäten Russlands in der Welt" bezeichnet. Mit Sanktionen belegt wurden zahlreiche hochrangige Vertreter der Energiewirtschaft und auch Putins Schwiegersohn Kirill Schamalov. Außerdem betroffen sind Gazprom-Chef Alexej Miller sowie die einflussreichen Geschäftsmänner Oleg Deripaska, Viktor Wekselberg und Igor Rotenberg. Auch der bekannte Außenpolitiker Konstantin Kossatschow sowie der Chef des Nationalen Sicherheitsrates, Nikolai Patruschew, und der Direktor der Nationalgarde, Viktor Solotow, wurden auf die Sanktionsliste gesetzt.

Die Maßnahmen frieren das Vermögen der Betroffenen in den USA ein, und US-Bürgern ist es nicht mehr erlaubt, mit ihnen Geschäfte zu machen. Russen halten in US-Städten wie New York oder Miami unter anderem sehr umfänglichen Immobilienbesitz. Aber auch Firmen außerhalb der USA könnten mit Sanktionen belegt werden, wenn sie wissentlich signifikante Transaktionen für oder im Namen von sanktionierten Einheiten ermöglichen.

Deripaska hat die US-Entscheidung als "unbegründet, lächerlich und absurd" bezeichnet.

Russland will Firmen wegen US-Sanktionen helfen

Die russische Regierung will Unternehmen vor den Folgen der neuen US-Sanktionen schützen. Ministerpräsident Dmitri Medwedew wies sein Kabinett am Montag in Moskau an, konkrete Maßnahmen vorzubereiten. Auch Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte, der Schaden für russische Konzerne müsse begrenzt werden. Man brauche aber Zeit, um mögliche Folgen der Strafmaßnahmen zu analysieren.

Russische Beobachter werten die neuen US-Maßnahmen als beispiellos, weil sie auch Milliardäre betreffen, die nicht unmittelbar mit dem Konflikt in der Ukraine oder der mutmaßlichen russischen Einmischung in die US-Wahlen in Verbindung gebracht werden. Betroffen sind auch große Konzerne mit zahlreichen Tochterfirmen und Angestellten.

Medwedew sagte, die Regierung arbeite an Gegenmaßnahmen. Es dürfe keinen Zweifel geben, dass Moskau auf solche Schritte reagiert.

Die russische Börse steht wegen der Sanktionen stark unter Druck. Bis Montagnachmittag verlor der Rubel gegenüber dem Dollar etwa drei Prozent an Wert. Zuletzt mussten für einen Dollar mehr als 60 Rubel gezahlt werden und damit so viel wie seit dem vergangenen November nicht mehr. Der Wechselkurs zum Euro stieg erstmals seit August 2016 über 74 Rubel. Der Aktienindex RTSI fiel um 9,5 Prozent auf 1.119,18 Punkte. Damit zeichnet sich am russischen Markt der größte Tagesverlust seit etwa vier Jahren ab.

Besonders hart trafen die Sanktionen den Aluminiumhersteller Rusal, an dem der Milliardär Oleg Deripaska den größten Anteil hält. Deripaska steht selbst auch auf der Sanktionsliste. Der Aktienkurs von Rusal brach bei der Börsenöffnung um rund 30 Prozent ein. Zwischenzeitlich war er um etwa 47 Prozent im Minus.

Zuvor hatte Rusal mitgeteilt, dass sich die US-Sanktionen negativ auf das Geschäft auswirken könnten. Der Konzern nimmt an, sie könnten dazu führen, dass die Firmengruppe bestimmten Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann. Bisher erfülle Rusal aber seine Verpflichtungen, berichtete die Agentur Ria Nowosti.

Rusal ist einer der größten Aluminiumproduzenten der Welt. Der Zeitung "RBK" zufolge rechnet die Firma mehr als 60 Prozent ihrer Geschäfte in Dollar ab. Der Konzern versucht demnach, seine Geschäfte künftig in anderen Währungen abzuwickeln.

(APA/Reuters/red)

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