Burg-Multimedia: Illustrieren und illuminieren

Multimedia. Christoph Graf und Sopie Lux gestalten die Videos für Burg-Aufführungen.
Multimedia. Christoph Graf und Sopie Lux gestalten die Videos für Burg-Aufführungen.(c) Michele Pauty
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Christoph Graf und Sophie Lux über Videokunst im Burgtheater. „Editing“, sagt er. „Raumerzeugung“, sagt sie.

Begonnen hat alles in der Schule. Sophie Lux spielte, Christoph Graf hielt sich am liebsten im Videolabor auf. Heute ist er Leiter der Multimedia-Abteilung im Burgtheater. Sie ist die Kreative, hat Malerei und Bühnenbild studiert, aber die Sehnsucht nach dem Film war stärker. „Mit der multimedialen Technik oder Kunst kann vieles ermöglicht werden“, erzählt Graf. Bei Bühnenbildern wird aber trotzdem noch immer viel gebaut. Im „Sommernachtstraum“ etwa gibt es Projektionen und „echte“ Bäume. Weil ihr das Kunstmachen zu einsam war, hat sich Lux dem Theater zugewandt. Freizeit braucht sie nicht, sagt sie. Entweder sie arbeitet am Laptop oder im Theater oder sie unterrichtet. Er reist diesen Sommer nach Kanada, um von Hütte zu Hütte zu wandern. Seine größte Leidenschaft ist das Radfahren.

Erzählen Sie über Ihre Arbeit. Ist sie technisch, künstlerisch?
Christoph Graf: Beides. Mit der multimedialen Technik oder Kunst kann vieles ermöglicht werden. Aber im Großen und Ganzen sind sie auch nur Werkzeuge, beginnend beim Editing, Schnitt, Komposition bis zur Wiedergabe über Playbacksoftware passiert alles auf Medienservern, die computerbasiert sind.


Wird denn noch etwas gebaut?
Sophie Lux: Auf jeden Fall. Das richtet sich nach dem künstlerischen Inhalt. Das Video steht nie für sich, es ist Teil des Bühnenbildes. Mit ihm werden Räume erschaffen, die so nicht anders erzeugt werden können.
Graf: Zum Beispiel „Sommernachtstraum“ im Burgtheater, da ergänzt das Video den Wald auf der Bühne mit Baumkronen und Getier. Es gibt immer wieder Kombinationen zwischen real existierendem Bühnenbild klassischer Herkunft und dem Video, das die Perspektiven in vielerlei Hinsicht erweitern kann.
Lux: Allerdings hat es diese Arbeitsmethoden im Theater schon viel länger gegeben. Man verwendete Lichtbilder, Dias und Film. Auch Schattenspiele sind eine Form von Projektion. Mit dem Digitalen kommt man heute natürlich viel schneller zu einem Ergebnis. Früher hat es mehrere Produktionsschritte gebraucht.


Heute knipst man mit dem iPhone und das Bild ist da.
Lux: Genau.


Trotzdem muss man künstlerische Talente haben.
Lux: Ich mache alle meine Videoinhalte selber.


Was haben Sie für eine Ausbildung, Herr Graf?
Graf: Ich komme aus einem kombinierten Studium von Kunst und Technik, habe die FH in St. Pölten absolviert. Früher hieß das Fach Telekommunikation und Medien. Jetzt, im Bachelor- und Masterstudium heißt es Medientechnik. Es umfasst inhaltlich Audio, Video, Print, Animation und Netzwerktechnik. Ich habe schon im Realgymnasium besonders das Fach audiovisuelle Unterrichtsmedien geschätzt, Fotolabor und Videoschnittplatz genutzt und schließlich auch in den medialen Fächern maturiert.


Aber da hat sich ja so viel verändert.
Graf: Ja. In unserer Branche gibt es große Umwälzungen. Das zwingt uns auch, immer technisch aufzurüsten.
Lux: Es gibt aber schon einen Unterschied zwischen Film und Video. Film ist für mich ein eigenständiges Medium. Unsere Videos aber funktionieren nur über die Inszenierung.


Letztlich sind Film- und Theaterfiguren Kunstfiguren.
Lux: Ja, auf der Bühne läuft alles in Echtzeit ab. Theater ist live. Film hat immer etwas Retrospektives. Die Zeit wird im Theater durch die Inszenierung und die Schauspieler definiert.


Alles wird immer schneller. Es gibt immer mehr Popmusik und Video im Theater. Kommen ältere Leute da überhaupt noch mit?
Lux: Ich sehe viele ältere Menschen in der Straßenbahn toll mit ihren Smartphones umgehen. Etwas kann nur dann ein Verlust sein, wenn ich mich nicht damit auseinandersetze. Es existieren heute viele verschiedene Medien nebeneinander, und wir können frei aus diesen wählen. Ein Bild kann oft schneller etwas erklären. Bildsprache ergänzt oder erweitert sogar unsere Sprache.


Die Leute teilen sich vor allem durch Emoticons mit. Diese senden zartere Botschaften als Holzprügel oder Briefe.
Lux: Bei Briefen muss man Nebensätze einbauen, um klar zu machen, was man wirklich gemeint hat. Beim Emoticon schreibt man zum Beispiel ein SMS: „Geschieht dir recht“ – und schickt einen Zwinker-Smiley dazu.


Was für eine Ausbildung haben Sie, Frau Lux?
Lux: Ich war an der „Angewandten“. Ich wollte Malerei studieren, das war mir zu einsam. Ich habe mich dann für die Klasse Bühnen- und Filmgestaltung bei Bernhard Kleber entschieden. Ich habe mehr mit Film und Video gearbeitet. Das Theater hat mich aber nie losgelassen. Ich war schon im Gymnasium im Theaterklub.


Haben Sie ein Atelier?
Lux: Im klassischen Sinne nicht. Ich arbeite von zu Hause. Ich brauche nur einen Computer und den Schreibtisch. Ich widme mich auch dem Analogfilm, Super 8, 16-mm-Film.


Wie mein Vater.
Lux: Für mich hat das nichts Nostalgisches. Bei den analogen Medien ist man stark auf Intuition angewiesen. Das Digitale kann man sofort überprüfen. Aber es ist auch verführerisch. Es erzeugt Qualität durch Quantität. Ich finde den Reduktionsprozess im Analogen spannend. Ich mag das Analoge und das Digitale. Das Interessante ist ja, dass das Digitale am Schluss nicht digital aussehen soll.


Mir kommt vor, dass iPads die Leute schöner machen.
Lux: Nein. Das ist das Misstrauen, das wir in alles Digitale hineinlegen. Wir glauben, das Digitale macht uns etwas vor, weil so viel möglich ist. Aber neben dem Digitalen kann das Analoge weiter bestehen. Es gibt ja diese große Kultur des Wiederentdeckens. Man kann auf Flohmärkten Super-8-Filmkameras und Projektoren kaufen. Ich arbeite nebenbei für die Schule Friedl Kubelka für unabhängigen Film in Wien. Wir fördern junge Filmkünstler.


Herr Graf, welche Filme mögen Sie?
Graf: Ich bin nicht so der Cineast. Ich gehe gern ins Theater, besuche Veranstaltungen. Das Live-Erlebnis bedeutet mir mehr.


Ist jemand in Ihrer Familie beim Theater?
Graf: Nein. Ich habe im Zuge meiner Diplomarbeit Menschen zum Interview aufgesucht. Dabei habe ich Wolfgang Fritz, den Akustikexperten der Staatsoper, kennengelernt. Ich habe fast einen ganzen Tag bei ihm verbracht und war fasziniert.


Sind Sie jeden Abend im Burgtheater?
Graf: Wir arbeiten produktionsbezogen. Wenn wir eine Vorstellung bis zur Premiere betreuen, dann sind wir auch an den Abenden da, an denen sie aufgeführt wird.


Haben Sie so etwas wie ein Privatleben?
Graf: Ein bisschen.
Lux: Das Theater ist eine Art Ersatzfamilie, auf jeden Fall für die zehn Monate der Spielzeit. Man teilt alles, Gutes, Schlechtes.


Und wenn Sie rausgehen?
Graf: Ich versuche Sport zu treiben: Radsport, Rennrad und Mountainbike. Abwechselnd.

Tipp

„Etwas kommt mir bekannt vor“ von Liat Fassberg, mit Tino Hillebrand. ­Regie: Alia Luque. Ab 27. April, Burg-Vestibül.

("Die Presse", Kulturmagazin, 13.04.2018)

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