Wie geht es weiter in Syrien? Vier mögliche Szenarien

Der US-Zerstörer USS Donald Cook ist im östlichen Mittelmeer unterwegs.
Der US-Zerstörer USS Donald Cook ist im östlichen Mittelmeer unterwegs.AFP
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Präsident Donald Trump hat über Twitter gedroht, dass die USA in Syrien angreifen werden. Was passiert jetzt? Ein kurzer Militärschlag, eine massive Operation, oder verzögert sich die Aktion doch noch?

Es war ein Mittwochmorgen, der im politischen Washington für einiges an Aufsehen sorgte. Donald Trump twitterte. Per Sozialem Netzwerk kündigt er einen Raketenangriff auf Syrien an. Wie könnte es nun weitergehen?

Ein kurzer Luftschlag wie vor einem Jahr

Am 7. April 2017 feuerten US-Schiffe aus dem östlichen Mittelmeer etwa 60 Marschflugkörper auf den syrischen Militärflugplatz Schairat im Westen des Landes ab. Präsident Donald Trump hatte die Operation als Antwort für einen Giftgasangriff in der Stadt Chan Scheichun befohlen. Washington hatte das Regime des syrischen Machthabers Bashar al-Assad für den Chemiewaffeneinsatz verantwortlich gemacht.

Auch dieses Mal könnten die USA eine Operation wie vor einem Jahr durchführen: Ein kurzer, begrenzter Schlag mit Marschflugkörpern gegen ausgewählte, syrische Militärstützpunkte. Das wäre – so wie vor einem Jahr – in erster Linie ein symbolischer Akt. Die militärischen Fähigkeiten des Regimes würden damit nicht beeinträchtigt werden.

Massive, mehrere Tage andauernde Luftangriffe

Donald Trump könnte dieses Mal auf härtere Maßnahmen setzen als vor einem Jahr. Ein Hinweis darauf ist, dass er offenbar eine Koalition schmieden will, an der sich unter anderem Frankreich, Großbritannien, Australien und Saudiarabien beteiligen könnten. Derzeit haben die USA keine Flugzeugträger in der Region. Medien berichten von nur ein bis zwei US-Zerstörern mit Marschflugkörpern, die derzeit im östlichen Mittelmeer kreuzen. Eine größere strategische Operation gegen Syriens Militär müsste deshalb vor allem auch mit U-Booten und strategischen Bombern durchgeführt werden, von denen einige schon jetzt in der Region stationiert sind.

Massive Angriffe bergen eine weitaus größere Gefahr einer Eskalation in sich. Assads Verbündete Russland und der Iran könnten dabei kaum untätig zuschauen – vor allem dann nicht, wenn russische Soldaten umkommen. Das könnte rasch zu einer direkten Konfrontation zwischen russischem und amerikanischem Militär führen.

Aufrüstung der Rebellen

Um dem Regime zu schaden, könnten die USA parallel zu einem Militärschlag auch syrische Rebellen aufrüsten. Dabei gibt es aber mehrere Probleme. Das Territorium, das von der syrischen Opposition beherrscht wird, ist mittlerweile weitgehend zusammengeschrumpft. Das letzte größere zusammenhängende Rebellengebiet ist die Region um Idlib. Dort ist aber mittlerweile die Jabhat Fatah al-Sham die stärkste Kraft. Die Jihadisten waren bis 2016 sogar offiziell der syrische Ableger des Terrornetzwerkes al-Qaida.

Die Region um Idlib steht zudem unter dem Einfluss der Türkei. Und obwohl Ankara stets ein erbitterter Feind des Assad-Regimes war, hat es bisher keine Ambitionen gezeigt, sich der US-Allianz anzuschließen. Die Türkei verhandelt derzeit mit Russland und dem Iran über eine Lösung für Syrien. Ziel dieses Gesprächsformates ist auch, die USA möglichst draußen zu halten. Die US-Truppen in Syrien sind im Norden des Landes in Gebieten stationiert, die von den kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) kontrolliert werden. Vorrangiges Ziel Ankaras in Syrien ist es, die YPG zu vertreiben. Die US-Soldaten stehen der Türkei dabei im Weg.

An den Machtverhältnissen in Syrien würden all diese militärischen Maßnahmen wohl kaum etwas ändern. Dank der Hilfe aus Russland und dem Iran sitzt das Regime mittlerweile fest im Sattel. Hätte Trumps Vorgänger Barack Obama tatsächlich im Sommer 2013 – wie zunächst angedroht – Luftangriffe durchführen lassen, hätte das damals die Assad-Regierung schwer erschüttern und vielleicht sogar aus Damaskus vertreiben können. Denn zu dem Zeitpunkt hatten sich diverse Rebellengruppen aus den Vororten bereits immer mehr in Richtung der inneren Teile der syrischen Hauptstadt vorgekämpft. Doch Stimmen in Washington warnten damals vor einem völligen Zusammenbruch des Regimes – aus Sorge, was nach Machthaber Bashar al-Assad kommen könnte. Heute hat das Regime die Aufständischen aus der Region um Damaskus ohnehin weitgehend vertrieben.

Chemiewaffen-Inspektoren nehmen Arbeit auf, ein Angriff verzögert sich

Offiziell haben die Inspektoren der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) nicht den Sanktus des UN-Sicherheitsrates für Nachforschungen in der syrischen Stadt Duma. Denn die USA und Russland konnten sich nicht darauf einigen, wie die Erhebungen genau ablaufen sollen. Washington will im Gegensatz zu Russland, dass eine UN-Untersuchungskommission auch feststellt, wer das Giftgas eingesetzt hat. Moskau will lediglich, dass die OPCW ihre Ermittlungen in Syrien aufnimmt. Es bezweifelt aber nach wie vor, dass ein Angriff mit chemischen Waffen überhaupt stattgefunden hat. Und es will eine eventuelle Schuldfrage nur im UN-Sicherheitsrat klären. Die USA und Russland stimmten deshalb bei der Sitzung in New York mit ihrem Veto den jeweiligen Resolutionsentwurf des anderen nieder.

Sollten die OPCW-Inspektoren trotzdem die Arbeit aufnehmen, könnte das einen US-Luftschlag verzögern. Schon loszuschießen, bevor die international renommierte Organisation überhaupt noch ihre Erhebungen abgeschlossen hat, würde die US-Regierung an der PR-Front nicht sehr gut aussehen lassen.

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