Justiz-Protest: "Pferde oder Staatsanwälte?"

KAeRNTEN: INFORMATIONSVERANSTALTUNG DER RICHTERVEREINIGUNG  ZU DEN GEPLANTEN BUDGETKUeRZUNGEN IM JUSTIZBEREICH IN KLAGENFURT
KAeRNTEN: INFORMATIONSVERANSTALTUNG DER RICHTERVEREINIGUNG ZU DEN GEPLANTEN BUDGETKUeRZUNGEN IM JUSTIZBEREICH IN KLAGENFURTAPA/GERT EGGENBERGER
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Zwölf Polizeipferde kosten so viel wie 36 Staatsanwälte, rechnet Staatsanwälte-Präsidentin Koller vor - bei der Protestkundgebung von Richtern und Staatsanwälten im Landesgericht Klagenfurt.

Ein bis auf den letzten Platz gefüllter Schwurgerichtssaal am Landesgericht Klagenfurt als Zeichen des Protests: Richter und Staatsanwälte haben sich am Mittwoch mit einer Protestveranstaltung gegen die geplanten Budget- und Postenkürzungen im Justizbereich gewandt. Für sie steht nichts weniger als das Funktionieren des Rechtsstaats, der eine Säule der Demokratie sei, auf dem Spiel.

Für die Veranstaltung wurde eigens ein Mordprozess im Schwurgerichtssaal unterbrochen, Richter aus ganz Österreich hatten ihr Seminar "Zukunft Justiz" früher beendet und fanden sich mit Taferln und Spruchbändern am Landesgericht ein. Die Präsidentin der Richtervereinigung, Sabine Matejka, warnte eindringlich vor einer tatsächlichen Umsetzung der geplanten Postenkürzungen und meinte: "Wir nehmen unsere Verantwortung für den Rechtsstaat ernst, er ist eine tragende Säule der Demokratie." Die Justiz sei hoch profitabel, im Budget sei dafür rund eine Milliarde Euro veranschlagt: "Die Einnahmen betragen aber 1,2 Milliarden." Wenn man das Sicherheitskonzept der Regierung umsetzen wolle, brauche es Ressourcen. 40 Stellen sollen bei den Richtern gekürzt werden, gleichzeitig solle es beschleunigte Verfahren geben. "Glaubt irgendwer, dass weniger Richter mehr Urteile schreiben?", fragte Matejka.

Justiz "hat sich schon längst vom Amtsschimmel verabschieden"

Die Präsidentin der Vereinigung Österreichischer Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, Cornelia Koller, warnte vor einem "justizpolitischen Flaschenhals". Tausende zusätzliche Polizisten würden mit Sicherheit zu viel mehr Anzeigen führen, diese müssten dann von der Staatsanwaltschaft bearbeitet werden. "Mit nur zehn zusätzlichen Staatsanwälten könnten wir mit den Schwerpunkten der Regierung sofort beginnen", sagte Koller, und da diese aus Richteramtsanwärtern hervorgehen würden, wären die Mehrkosten gering.

Sie habe gelesen, dass der Innenminister für zwölf Polizeipferde 900.000 Euro jährlich bewilligt bekommen habe. Koller: "Zwölf Pferde würden 36 Staatsanwälte pro Jahr finanzieren, da frage ich Sie schon: Wem wollen Sie die Sicherheit Österreichs anvertrauen, Pferden oder Staatsanwälten?" Matejka merkte zum Thema Polizeipferde an, dass sich die Justiz "schon längst vom Amtsschimmel verabschiedet hat".

Matejka rechnete dann vor, welche Zusatzbelastung etwa das Erwachsenenschutzgesetz mit sich bringe, da seien 60.000 Sachwalterschaften zu überprüfen. "Wenn da nur zwei Stunden pro Fall für die Überprüfung angenommen werden, sind 70 Richter ein Jahr lang damit beschäftigt." Man fordere keinen Luxus und keine Sonderbehandlung, sondern man wolle nur seine Arbeit machen, einen Rückschritt in der Qualität werde man aber nicht akzeptieren.

"Glaubst Kickl, dass die Sicherheit ohne Justiz funktioniert?"

Richter-Gewerkschaftschef Christian Haider betonte, die österreichische Justiz liege bei allen internationalen Rankings im Spitzenfeld; das werde man dann nicht mehr schaffen. Zum Sicherheitspaket des Innenministers meinte Haider: "Glaubt er, dass die Sicherheit ohne Justiz funktioniert?" Man hoffe immer noch auf ein Einlenken der Politik, habe vorsichtshalber aber bereits eine Reihe von weiteren Maßnahmen beschlossen, um den Protest zu artikulieren.

Der Kärntner Richtervereinigungs-Präsident Gerhard Kanduth beklagte konkret, dass etwa eine Abteilung am Zivilgericht in Klagenfurt seit vier Monaten stillstehe. Die Richterin sei früher als geplant in Karenz gegangen, man habe eine Richteramtsanwärterin, die die Abteilung übernehmen würde, allein es geschehe nichts. "Betroffen davon sind 90 Zivilverfahren mit einem Streitwert von über 40 Millionen Euro, die Gerichtsgebühren allein haben eine halbe Million ausgemacht." Die Richteramtsanwärterin hätte für die vergangenen vier Monate zusätzlich 6000 Euro gekostet, so Kanduth.

(APA)

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