Einkaufszentren: Einkaufen allein reicht nicht mehr

In Zeiten wachsender digitaler Konkurrenz müssen Shoppingcenter sich mehr einfallen lassen, als nur Waren zu verkaufen.

Im Fashion Outlet Parndorf enthüllt Künstler Romero Britto Anfang April eine Skulptur, die den Beginn der Neugestaltung des Vorplatzes einläutet. Im Shoppingcenter Ennsfeld zeigt eine Umfrage, dass auf der Wunschliste eines Viertels der dortigen Besucher eine vielfältige Kulinarik ganz oben steht. Und das Zukunftsinstitut hat in seinem aktuellen Retail-Report 2018 für die Zukunft der Shoppingcenter die Losung „Lifestyle-Hubs statt Konsumtempel“ ausgegeben.
Keine Frage, in den Einkaufszentren des Landes tut sich etwas – und das muss es auch, wenn sie überleben wollen. Denn längst ist die digitale Konkurrenz groß genug, um den Einkaufszentren, in denen man außer einkaufen nichts tun kann, empfindlich wehzutun. „Es geht nicht mehr ums Einkaufen, sondern ums Shoppen“, resümiert Markus Kitz-Augenhammer, Vorstand der Immobilienrendite AG, die derzeit gerade mit der Wiederbelebung des alten Fachmarkzentrums Enns als Ennscenter am Römerfeld beschäftigt ist. Und dieses Shoppen sei direkt mit der Freizeitgestaltung verbunden. Da brauche es ein beispielsweise ein Kino, Kinderbetreuung oder eine Sports-Bar – in der der männliche Besucher im Zweifelsfall das Shopping-Vergnügen der Freundin/Gattin aussitzen können.
Unterhaltungselemente seien vor allem dann essenziell, wenn das Einkaufszentrum nur wenig zu bieten hat, was sich nicht auch online erledigen ließe, betont Jörg Bitzer, Head of Retail Properties bei EHL Immobilien. „Wenn in einem Fachmarktzentrum ein Supermarkt dabei ist, komme ich, um Essen zu kaufen.“ Und wenn neben dem Supermarkt noch ein Eissalon und ein Friseur zu finden sind, gibt es genügend Angebot, das das Internet nicht bieten kann.

Verweildauer erhöhen

In anderen Konstellationen werde es schwierig, sagt Bitzer: „Wenn mein Fachmarktzentrum aus den Elementen Mode, Elektro und vielleicht noch Büchern besteht, dann muss ich ein Zusatzelement liefern und einen Mehrwert bieten, sonst bin ich austauschbar. Und der Kunde kann das, was ich biete, auch auf seinem Smartphone in der U-Bahn einkaufen.“ Erfolgreiche Einkaufszentren müssten deshalb Möglichkeiten schaffen, essen zu gehen, Freunde zu treffen und die Kinder zu beschäftigen – und sich dabei immer wieder etwas Neues einfallen lassen. „Dazu gehört beispielsweise eine interessante Gastro“, betont Kitz-Augenhammer, „nicht nur ein Food-Court mit Junk-Food, den es überall gibt. Sondern regionale Küche, die derzeit verstärkt in die Shoppingcenter geholt wird.“
Grundsätzlich gehe es darum, die Verweildauer der Kunden in den Zentren zu erhöhen, betont auch Peter Ulm, Vorstandsvorsitzender der 6B47 Real Estate Investors AG. Was neben gastronomischen Angeboten etwa auch durch Dienstleistungen wie Kindererlebniswelten, einen Friseur, einen Tierarzt oder Fitness-Studios erreicht werden kann. Überhaupt seien Service-Angebote in den Shoppingcentern an Bedeutung kaum zu überschätzen, wie der Retail-Report des Zukunftsinsituts betont: „Mangelnder Service wird nicht nur als negativ wahrgenommen, sondern gilt als Ausschlusskriterium“, so der Bericht.
Bei aller Begeisterung für neue Events, Küchenkonzepte, Dienstleistungen und Services dürfe aber die Basis des Geschäftsmodells nicht aus den Augen verloren werden, betont Ulm: „Neben einer gut ausgewählten Lage heißen die wichtigsten drei Worte für jedes Einkaufszentrum Mietermix, Mietermix, Mietermix“, bringt er es auf den Punkt. „Und wenn dieser nicht attraktiv genug ist, hilft auch das beste Erlebniskonzept nicht.“ Weshalb es unabdingbar sei, als Betreiber genau zu wissen, welche Mieter man haben will, und diese gezielt anzuwerben. „Die Devise kann nicht lauten, wer als erster Ja sagt, den nehme ich. Sondern man muss wirklich konkret zu den Wunschkandidaten gehen und sagen: Dich will ich haben. Und dann entsprechend verhandeln.“ (sma)

Auf einen Blick

Unter einem Einkaufszentrum versteht man die klassische Shopping Mall ab 4000 Quadratmeter Größe, in der sich ein Mix aus Einzelhandelsgeschäften, Gastronomie und Dienstleistungsbetrieben findet, zum Beispiel Fitness-Studio, Friseur, Tierarzt, Kino, Kindererlebniswelten. Hier ist die „Flaniermeile“ überdacht und man kann im Inneren trockenen Fußes von einem Geschäft zum nächsten gehen, Einkaufen wird mit Freizeitgestaltung verbunden. Shopping Malls erzielen derzeit laut dem EHL-Geschäftsflächenbericht eine Rendite von vier Prozent.
Ein Fachmarktzentrum – in Österreich auch Retail Park genannt – besteht aus mindestens vier (oder fünf – hier scheiden sich die Geister) Fachmärkten und kleineren Geschäften, die nebeneinander angeordnet sind und keinen überdachten, innen liegenden Verbindungsbereich haben. Hier ist die Rendite aktuell mit fünf Prozent am höchsten.

Outletcenter sind eine weitere Kategorie für sich. Hier bieten im Schnitt 60 bis 100 Hersteller ihre Markenartikel verbilligt an.

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