In ORF-Fragen treibt Norbert Steger derzeit alle vor sich her

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Die ÖVP will mit der Debatte noch warten, während FPÖ-Mann Norbert Steger eine ORF-Gesetzesnovelle bereits für Juni vorschlägt. Der FPÖ-Stiftungsrat hat das Ohr von FPÖ-Chef Strache und dessen Generalsekretär Vilimsky, der in der Partei für die ORF-Agenden zuständig ist.

Seit jeher ist der ORF ein Seismograf selbst für kleinste politische Erschütterungen – steht er doch stets selbst vor Veränderungen, wenn sich die politische Lage verschiebt. Seit die türkis-blaue Regierung waltet, ist es die FPÖ, die mit ORF-Kritik und Veränderungswünschen vorprescht – zuletzt forderte ihr Stiftungsrat Norbert Steger in den „Salzburger Nachrichten“ eine „objektivere Berichterstattung“ des ORF – und stellte Entlassungen von ORF-Mitarbeitern in den Raum, wenn sie sich „nicht korrekt verhalten“ bzw. sich trotz Verwarnung nicht an die neuen Social-Media-Richtlinien hielten. Das führte zu Protesten des Redakteursrats (gegen „Einschüchterungsversuche“), von ORF-Korrespondenten (der Vorwurf der „Hetze“ musste aber wieder zurückgenommen werden) und vom wegen seiner Social-Media-Aktivitäten angesprochenen „ZiB 2“-Moderator Armin Wolf: Er stellte am Montag via Twitter klar, dass der Stiftungsrat weder für die Streichung von Posten noch für die Entlassung von Journalisten zuständig ist. SPÖ-Klubchef Andreas Schieder kritisierte Stegers Attacken gegen ORF-Journalisten scharf: Wenn kritische Journalisten mit Entlassung bedroht werden, „ist eine rote Linie überschritten“, so Schieder. Nach Ansicht der Liste Pilz hat sich Steger (er ist Favorit für den Vorsitz des Stiftungsrats) damit „für jede weitere Position im ORF disqualifiziert“. Die ÖVP reagierte spät und zurückhaltend: Medienminister Gernot Blümel forderte eine „sachliche, ernsthafte Debatte“ und ein „Zurückfahren der Emotionen auf allen Seiten“.

„Kleine, schlanke ORF-Novelle“

Steger berät in ORF-Fragen FPÖ-Chef Strache – und treibt derzeit alle vor sich her. Blümel steht bis zur für Juni geplanten Medienenquete auf der Bremse. Wird jedoch erst im Juni über ORF-Neuerungen diskutiert, ist – aufgrund der arbeitsintensiven österreichischen EU-Präsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte – nicht mit einem ORF-Gesetz vor Ende 2019 zu rechnen. Steger findet nun, dass man „gewisse Grundlinien“ noch vor dem Sommer „in einer kleinen, schlanken Novelle“ des ORF-Gesetzes unterbringen könnte: „Ich hätte gern bis Juni ein ORF-Gesetz“, sagte er am Montag zur „Presse“ – eine größere ORF-Reform könnte dann später kommen. Dazu müsste sich die Koalition allerdings in flottem Tempo einigen. Der in der FPÖ für ORF-Agenden zuständige Generalsekretär, Harald Vilimsky, sagte der „Presse“, er habe Blümel um ein Gespräch gebeten. Stattgefunden habe es noch nicht.

Steger hält eine Novellierung in folgenden Bereichen für möglich: bei der Umstellung von einer Allein- zu einer Gesamtgeschäftsführung (mit mehreren Geschäftsführern, die alle Verantwortung und Stimmrecht haben; der Vorsitzende hätte ein Dirimierungsrecht); beim Stimmrecht der Betriebsräte im Stiftungsrat (sie sollten bei der Wahl des ORF-Generaldirektors nicht mitreden); beim ORF-Ethikrat (dem derzeit eine zweite Instanz fehlt) und beim öffentlich-rechtlichen Auftrag, der seiner Ansicht nach „nachjustiert“ werden sollte, weil die Formulierungen „so schwülstig und weitschweifend sind“, dass oft die KommAustria entscheiden müsse, was nun öffentlich-rechtlich sei und was nicht. „Die KommAustria – eine beamtete Einrichtung im Bundeskanzleramt – ist nicht dazu da, den Stiftungsrat zu kontrollieren“, findet Steger.

Vilimsky stellt sich hinter den FPÖ-Rat

Vilimsky stellte sich hinter Steger: „Ich verstehe die Aufregung nicht.“ Steger habe nur die Verantwortung der ORF-Redakteure angesprochen, den gesetzlichen Anforderungen entsprechend zu berichten. In Richtung Armin Wolf sagte Vilimsky: Man könne nicht „als Anchorman einen Marktwert generieren, dann zu politischen Themen etwas sagen – und so tun, als sei das nur privat.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.04.2018)

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