USA: Donald Trump legt gegen Russland nach

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Nach dem Angriff in Syrien will Washington erneut Sanktionen gegen Russland verhängen. Im Visier sollen Firmen sein, die Syriens Chemiewaffenprogramm unterstützen. Die Reaktionen auf den Militärschlag vom Wochenende sind in den USA überwiegend positiv.

New York. Das Verhältnis zwischen den wichtigsten Atommächten hat nach dem von den USA angeführten Militärschlag in Syrien einen neuen Tiefpunkt erreicht. Und es wird womöglich noch schlechter werden. Denn Washington will eine dritte Runde an Sanktionen gegen Russland verhängen. Die Begründung dafür: Dass Moskau den syrischen Machthaber Bashar al-Assad bei dessen mutmaßlichem Chlorgasangriff gegen die eigene Bevölkerung unterstützt hat.

Man werde eine „starke Nachricht“ in Richtung Moskau senden, erklärte Nikki Haley in einer Serie an TV-Interviews am Sonntagabend. Die Botschafterin bei den Vereinten Nationen hat sich im Zuge der militärischen Aktion gegen Syrien ins Rampenlicht gespielt. Sie zählt zu jener Gruppe im Umfeld Donald Trumps, die sich für ein hartes Vorgehen gegen Assad und dessen Beschützer Wladimir Putin ausspricht. Zunächst standen noch Details zu den neuen Sanktionen aus, doch deutete Haley an, dass es sich eher um wirtschaftliche denn diplomatische Schritte handeln werde.

So wollen die USA direkt gegen russische Firmen vorgehen, die Assad in irgendeiner Weise beim Einsatz von Chemiewaffen unterstützt haben. Das Finanzministerium von Steven Mnuchin werde schon bald, möglicherweise noch im Lauf des Montags, Einzelheiten bekannt geben, hieß es. Die letzte Welle an Sanktionen gegen eine Reihe von Unternehmen und Oligarchen hat Russland ins Mark getroffen und ließ die Börse in Moskau abstürzen. Die Schockwellen reichten bis nach Wien, wo sich Firmen wie die OMV oder Raiffeisen International mit einer Verkaufswelle konfrontiert sahen.

Die US-Regierung will den Druck auf Moskau eigenen Angaben zufolge hochhalten, um das Horrorszenario eines neuerlichen Einsatzes von Giftgas in Syrien zu verhindern. Mit den 105 Marschflugkörpern, die Amerikas Streitkräfte gemeinsam mit Großbritannien und Frankreich auf Chemiewaffeneinrichtungen in Syrien abfeuerte, zog Trump seine rote Linie nach. Die USA seien für den Fall der Fälle „fest entschlossen und voll geladen“, legte dann auch Haley nach. Nun will man Putin überzeugen, Assad besser im Zaum zu halten. Denn wenn Syrien erneut Chemiewaffen einsetzte, bliebe Trump fast keine andere Wahl als ein weitreichenderer Militärschlag – mit allen Risken einer direkten Konfrontation mit Russland.

Mattis bremste die US-Falken

Tatsächlich war ein umfangreicher Angriff bereits vergangene Woche eine der Optionen, mit denen sich Trump beschäftigte. Schließlich war es Verteidigungsminister James Mattis, der den Präsidenten überzeugte, zwar ein deutliches Zeichen zu setzen, ein militärisches Aufeinandertreffen mit Russland aber zu vermeiden. Es scheint, als habe Trump einen Mittelweg gefunden, der in den USA gut angekommen ist. Zwar schossen sich einige Demokraten darauf ein, dass der Präsident ohne Legitimation des Kongresses handelte. Der Großteil der Reaktionen war allerdings zustimmend, Lob kam auch vom früheren CIA-Chef John Brennan, der sonst beileibe kein Freund des Präsidenten ist.

Dass Trump sein Bild in der Öffentlichkeit wichtig ist, ist kein Geheimnis, und so überraschte es nicht, dass der einstige Immobilientycoon am Sonntag eine aktuelle Umfrage des Rasmussen Reports zitierte. Demnach stehen erstmals 50 Prozent der US-Bevölkerung seiner Arbeit positiv gegenüber. In der Umfrage von ABC News und der „Washington Post“ liegt der Wert hingegen bei 40 Prozent – so schlecht wie bei keinem anderen Präsidenten nach 15 Monaten im Amt, aber gleichzeitig so gut wie seit kurz nach Trumps Angelobung nicht mehr. Wohlgemerkt: Beide Umfragen wurden nach dem Militärschlag publiziert, aber bereits davor durchgeführt.

Trump will jedenfalls eine kohärente Nachricht nach Moskau senden, die da lautet: Die US-Bevölkerung steht hinter dem Militärschlag in Syrien, die Regierung hat kein Problem damit, weitere umfangreiche Sanktionen zu verhängen, und im Ernstfall ist man fest entschlossen, in Syrien auch eine direkte Konfrontation nicht zu scheuen. Eine Taktik, die sich in einem Wort zusammenfassen lässt: Abschreckung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.04.2018)

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