EU-Förderprojekt in Kroatien: Strabag klagt gegen Dumping aus China

REUTERS/Heinz-Peter Bader
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Ein chinesisches Konsortium erhält den Zuschlag für den Bau der geostrategisch wichtigen Peljesac-Brücke in Kroatien. Die Strabag zieht vor Kroatiens Verwaltungsgericht - und schaltet die EU-Kommission ein.

Profitiert Österreich von dem wachsenden chinesischen Engagement in Südosteuropa - auch im Hinblick auf Chinas gigantisches Infrastrukturprojekt „Neue Seidenstraße“? So wollte es Wirtschaftskammer Präsident Christoph Leitl noch während des österreichischen Staatsbesuchs in China verstanden wissen. Österreich sei für die Volksrepublik wegen seiner Vernetzung nach Südosteuropa interessant.

Doch was der Vormarsch chinesischer Betriebe in der Region tatsächlich bedeutet, veranschaulicht ein Brückenbauprojekt in Kroatien: Der österreichische Konzern Strabag verlor das Wettrennen gegen ein chinesisches Konsortium unter Leitung des staatlichen Bauunternehmens China Road and Bridge Corporation. Der österreichische Bauriese geht nun rechtlich gegen die kroatische Entscheidung vor – und schaltet die EU-Kommission ein.

Die Strabag habe Beschwerde vor dem kroatischen Verwaltungsgericht eingereicht, heißt es aus dem österreichischen Baukonzern gegenüber der „Presse“. Zugleich habe die Strabag einen Antrag auf einstweilige Verfügung gestellt, der die Vertragsunterzeichnung des staatlichen Auftraggebers Hrvatske ceste mit dem chinesischen Anbieter verhindern soll. Außerdem ruft das Unternehmen mit Sitz in Wien die EU-Kommission an: Die kroatischen Behörden haben bei der Vergabe des Projektes die Anti-Dumping-Regelungen der EU, die vor Billigimporten aus China schützen sollen, nicht eingehalten, heißt es.

Das chinesische Konsortium erhielt den Zuschlag für den Bau der 2,4 Kilometer langen und 55 Meter hohen Peljesac-Brücke Ende Jänner. Die Chinesen legten mit knapp 280 Millionen Euro das günstigste Angebot vor. Das Offert der Strabag lag mit 352, 4 Millionen Euro um mehr als 70 Millionen Euro über dem der chinesischen Firma. Auch die italienische Astaldi und die türkische Ictas waren leer ausgegangen.

EU pumpt 357 Millionen Euro in Projekt

Die Strabag argumentiert, dass das niedrige Angebot – konkret auch beim verwendeten Stahl - nur mit Hilfe staatlicher Subventionen aus China ermöglicht werde. So kalkulierte das chinesische Staatsunternehmen etwa für die Stahlseile der Schrägseilbrücke 4,5 Millionen Euro ein. Die Strabag rechnete mit 9,5 Millionen mit mehr als dem Doppelten, bestätigt das Unternehmen gegenüber der „Presse“.

Eine Beschwerde der drei erfolglosen Bewerber vor der staatlichen kroatischen Kommission für die Aufsicht öffentlicher Beschaffungsverfahren (DKOM) blieb erfolglos. Die Behörde wies das Ansuchen Ende März zurück: Es gebe keine Beweise für staatliche Subventionen oder Dumping-Preise. Was die Dumpingpreise betreffe, liege die Zuständigkeit bei der EU-Kommission.

Das Brisante an dem Fall: Der Brückenbau ist zu 85 Prozent aus EU-Geldern finanziert. 357 Millionen Euro sollen aus dem EU-Kohäsionsfonds in das Projekt fließen, für das inklusive der begleitenden Infrastruktur 420 Millionen Euro anberaumt wurden.

WKO: Frage der Reziprozität

„Die Frage ist, ob bei überwiegend chinesisch finanzierten Projekten, die Mehrzahl im Rahmen der „Neuen Seidenstraße“, auch europäische Generalunternehmer zum Zug kommen können“, sagt daher Dietmar Schwank von der WKO der „Presse“. Andernfalls seien solche EU-Finanzierungsmodelle zu hinterfragen.

Auf EU-Ebene habe die Kritik an der chinesischen Seidenstraßeninitiative, die den eurasischen Kontinent vernetzen soll, zuletzt zugenommen, berichtete das "Handelsblatt" am Dienstag. Die Initiative laufe "der EU-Agenda für die Liberalisierung des Handels entgegen und verschiebt das Kräfteverhältnis zugunsten subventionierter chinesischer Unternehmen", zitierte die deutsche Wirtschaftszeitung am Dienstag aus einer gemeinsamen Stellungnahme von 27 der 28 EU-Botschafter in Peking. Allein Ungarn trug den Text demnach nicht mit. Die chinesische Regierung wolle mit dem Plan die internationalen Beziehungen und die Globalisierung nach ihren Vorstellungen umgestalten, kritisieren die EU-Botschafter.

Die österreichische Regierung bekannte sich während des Staatsbesuchs in China zu einer größeren Teilhabe an dem Projekt. Dabei betonte die heimische Staatsspitze allerdings, dass das Interesse an einer Kooperation nur vorhanden sei, solange beide Seiten davon profitierten.

Passfreies Reisen bis nach Dubrovnik

Die chinesische Beteiligung an dem Bau der Peljesac-Brücke in Süddalmatien ist auch von geostrategischer Bedeutung: Sie soll es ermöglichen, vom Norden kommend vom kroatischen Festland auf die Halbinsel Peljesac zu gelangen, ohne Bosnien und Herzegowina zu queren. Für Kroatien ist die für 2022 geplante Fertigstellung somit ein wichtiger Schritt, um der Schengenzone beizutreten. Dann könnte ein passfreies Reisen bis an die Südspitze des Landes – und zum Touristenmagnet Dubrovnik - möglich werden.

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