Rücktritt: Slowakischer Polizeipräsident gibt öffentlichem Druck nach

Etwa 35.000 Demonstranten forderten am Sonntag den Rücktritt vom slowakischen Polizeipräsidenten Tibor Gaspar.
Etwa 35.000 Demonstranten forderten am Sonntag den Rücktritt vom slowakischen Polizeipräsidenten Tibor Gaspar.APA/AFP/VLADIMIR SIMICEK
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Seit dem Mord an Journalist Jan Kuciak ist Tibor Gaspar im Fokus des öffentlichen Ärgers gestanden. Der neue Innenminister wollte ihn nicht entlassen und war gestern zurückgetreten.

Der slowakische Polizeipräsident Tibor Gaspar tritt zurück. Erst am Montag ist Innenminister Thomas Drucker zurückgetreten, weil er Gaspar nicht absetzen wollte. Der Polizeipräsident steht seit den Ermittlungen wegen dem Mord am Enthüllungsjournalisten Jan Kuciak massiv unter Druck.

Gaspars Rücktritt kündigte Ministerpräsident Peter Pellegrini am Dienstag auf einer Pressekonferenz an. Er habe diesen Schritt gemeinsam mit Staatspräsident Andrej Kiska beschlossen, ergänzte Pellegrini, der die Entscheidung mit dem großen Druck der Öffentlichkeit nach Mord an dem Investigativjournalisten Jan Kuciak begründete.

Er halte Gaspar für einen Profi, aber der öffentliche und politische Druck belaste die gesamte Polizei, sagte Pellegrini. Der Ministerpräsident war nach dem Rücktritt von Innenminister Thomas Drucker am Montag mit der Leitung des Innenressorts betraut worden. Wegen der gegenwärtig komplizierten Situation innerhalb der Polizei solle Gaspars Tätigkeit nicht sofort enden, hieß es.

Staatspräsident Andrej Kiska hat am Dienstag im Präsidentenpalast von Bratislava den Rücktritt von Innenminister Drucker angenommen und umgehend Ministerpräsident Peter Pellegrini mit der Leitung des Ressorts beauftragt. Es tue ihm sehr leid, dass Drucker die Regierung verlässt, erklärte Pellegrini im Anschluss.

Sein Kabinett verliere damit einen sehr guten Manager, betonte der Ministerpräsident. Wegen der angespannten Situation im Land habe er nach Absprache mit Kiska beschlossen, vorläufig selbst die Verantwortung für das Innenressort zu übernehmen und wolle "in wenigen Stunden" über seine ersten Schritte informieren, gab er bekannt. Der Präsident hat den unerwarteten Wechsel im Innenressort bisher nicht kommentiert.

Tausende Demonstranten gegen Gaspar

Drucker hatte am Vortag nach nur dreieinhalb Wochen Amtszeit völlig überraschend seinen Rücktritt angekündigt. Der Innenminister stand seit Amtsantritt heftig unter Druck. Staatspräsident Kiska, die Opposition sowie tausende Demonstranten in den Straßen forderten von ihm die sofortige Absetzung des langjährigen Polizeipräsidenten Tibor Gaspar, doch Drucker wollte Gaspar nicht absetzen.

Die Stimmung in der Slowakei ist bereits seit dem Journalistenmord Ende Februar angespannt. Die letzten Enthüllungen des Investigativjournalisten Kuciak über Verstrickungen von Mafia-nahen Unternehmern bis in die höchsten Kreise der Regierung hatten eine tiefe politische Krise zur Folge. Nach Massenprotesten sahen sich der dreimalige Premier Robert Fico und sein unter Korruptionsverdacht stehender Innenminister Robert Kalinak Mitte März zum Rücktritt gezwungen. Die neuernannte Regierung unter Peter Pellegrini soll das Land stabilisieren.

(APA)

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