Chemiewaffenexperten mussten drei Tage warten, ehe sie nach Duma durften. Frankreich sowie die USA erheben schwere Vorwürfe gegen Russen und Syrer.
Damaskus/Berlin. Drei Tage mussten neun Inspektoren der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) untätig in Damaskus warten. Sie durften nicht weiter in die Stadt Duma, die am 7. April Schauplatz eines Chlorgasangriffs gewesen sein soll. Eines Angriffs mit weltpolitischen Folgen. Denn die USA, Großbritannien und Frankreich feuerten in einem Vergeltungsschlag in der vergangenen Nacht auf Samstag 105 Raketen auf syrische Militär- und Chemiewaffeneinrichtungen.
Die lange Wartefrist für die Inspektoren, die erst nach dem Militärschlag in Syrien eintrafen, weckte das Misstrauen der westlichen Alliierten. Frankreich verdächtigte Russen und Syrer, die ohnedies flüchtigen Spuren des Chlorgasangriffs in Duma verwischen zu wollen. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass Beweise und wesentliche Elemente verschwinden werden“, teilte das Außenministerium in Paris mit. Einen ähnlichen Ton schlug US-Botschafter Kenneth Ward bei einer Sitzung der OPCW in Den Haag an. „Unserem Verständnis nach könnten die Russen den Ort der Attacke aufgesucht haben, um die Untersuchungen der OPCW zu durchkreuzen“, soll der Amerikaner nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters gesagt haben.
Die OPCW-Inspektoren hatten zu Protokoll gegeben, dass ihnen syrische Behörden und deren russische Verbündete die Fahrt nach Duma zunächst verweigert hätten. Am Dienstag jedoch war es dann angeblich so weit: Das syrische Staatsfernsehen berichtete, dass die OPCW-Kontrolleure Duma erreicht hätten.
Kurze Zeit davor hatte Russlands Präsident, Wladimir Putin, in einem Telefonat mit der deutschen Bundeskanzlerin, Angela Merkel, nach Angaben des Kreml beteuert, wie wichtig eine objektive Untersuchung in Duma sei. Die Chemiewaffenexperten sollten die Vorwürfe sorgfältig und objektiv prüfen. Gegenüber Merkel verurteilte er den Militärschlag als Verstoß gegen das Völkerrecht und als Belastung des Friedensprozesses. Russland interveniert seit dem 30. September 2015 militärisch in Syrien, um Staatschef Assad im Bürgerkrieg zu unterstützen.
Deutschland hat den westlichen Militärschlag befürwortet, aber nicht daran teilgenommen. Außenminister Heiko Maas sprach sich am Mittwoch bei einer Pressekonferenz mit seiner kanadischen Amtskollegin, Cynthia Freeland, für eine neue Friedensinitiative in Syrien aus. Die Rolle Deutschlands könne es dabei sein, das Dialogfenster zu Russland offen zu halten.
Iranischer Angriff auf Israel?
Israel stellt sich indessen auf einen iranischen Angriff aus Syrien ein. Israelische Medien veröffentlichten Luftaufnahmen, die Vorbereitungen der iranischen Luftwaffen bei syrischen Militärstützpunkten zeigen sollen. Dahinter stecke Qasem Soleimani, ein Kommandant der Revolutionsgarden. (ag.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.04.2018)