Razzia bei Bitcoin-Firma in Tirol

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Die Kryptowährung Bitcoin wird von Computern erzeugt. Bei Optioment wurden Anlegern extreme Renditen versprochen.APA/AFP/LARS HAGBERG
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Die Polizei hat in Kufstein die Büros der Bitcoin-Firma Cointed durchsucht. Ein Mitbegründer der Firma könnte in den potenziellen Millionenbetrug Optioment verwickelt sein.

Wien/Kufstein. Donnerstag 12. April, elf Uhr, Kronthalerstraße in Kufstein: Ein Dutzend Polizeibeamte in Zivil steigen aus drei Autos mit Wiener Kennzeichen. Sie sind gekommen, um die Büros der österreichischen Bitcoin-Firma Cointed zu durchsuchen und Computer zu konfiszieren. Die Polizei verfolgt eine Spur im Kriminalfall Optioment. Dieses Investmentsystem rund um die Kryptowährung Bitcoin ist Ende 2017 zusammengebrochen. Tausende Anleger haben Bitcoins im Gegenwert von vielen Millionen verloren. „Es gibt Hinweise darauf, dass sich Optioment der Dienste dieser Firma als Schnittstelle für Zahlungsabwicklungen bedient hat“, heißt es von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft.

Ermittelt wird wegen des Verdachts auf schweren gewerbsmäßigen Betrug. Auf Anfrage der „Presse“ bestätigt Cointed-Sprecher Albert Sperl die Hausdurchsuchung: „Zwölf Beamte in Zivil, das hat natürlich eine einschüchternde Wirkung.“ Die Firma habe mit Optioment aber „absolut nichts zu tun“.

Tatsächlich herrscht Verwirrung darüber, wer hinter Optioment steckt. Unbeantwortet ist auch die Frage, wer die 4500 bis 12.000 Bitcoins der Anleger hat, die Ende 2017 verschwunden sind. Es geht um sehr viel Geld: 4500 Bitcoins waren am Mittwoch rund 30 Millionen Euro wert.
Jene drei Österreicher, die sich die „Optioment-Musketiere“ genannt und das System bei mehreren Veranstaltungen beworben haben, wollen nur für den Vertrieb zuständig gewesen sein. Sie verweisen auf zwei mysteriöse Hintermänner aus dem Ausland: Lucas M. und Alex P. Und auf einen Tiroler aus Kufstein, der die Firma Cointed mitbegründet hat.

Er soll den Kontakt zwischen den „Musketieren“ und den Hintermännern hergestellt haben: „Er hat uns gesagt, dass er das für eine seriöse Sache hält und schon seit einiger Zeit macht“, so die „Musketiere“ Ende Februar im Gespräch mit der „Presse“: „Er hatte einen speziellen Zugang und kennt den Betreiber.“ Trader Lucas M. sollte mithilfe eines Computerprogramms Bitcoin-Handel betreiben und das Vermögen der Anleger wundersam vermehren – so die Story zu Optioment.

Eine „Schlüsselfigur“?

Die „Musketiere“ kannten den Tiroler, weil sie selbst für Cointed Bitcoin-Automaten in Österreich vertrieben hatten. Inzwischen gebe es aber keinen Kontakt mehr. Auf Anfrage des ORF hat der Tiroler seine Rolle als Kontaktmann auch bestätigt, jede weitere Rolle bei Optioment aber abgestritten.

Tatsächlich berichten die rund 40 Anleger, mit denen „Die Presse“ gemeinsam mit dem ORF im Zuge der Recherchen gesprochen hat, stets von den „drei Musketieren“, nicht aber von dem Tiroler. Anwalt Ronald Frankl von der Wiener Kanzlei Lansky Ganzger, der rund 70 Opfer von Optioment vertritt, sieht in dem Unternehmer dennoch eine „Schlüsselfigur“ im System Optioment.

In Österreich stehen mehrere Duzend Bitcoin-Bankomaten von Cointed, die meist von kleinen Unternehmen betrieben werden: von Trafiken, Fitnesscentern und Autowerkstätten. Einige dieser Betreiber haben auch Optioment vertrieben – und Geld verdient. Der Vertrieb war auf Basis eines Multi-Level-Marketingsystems aufgebaut.

Wer Kunden, Kollegen oder Familienmitglieder für Optioment gewinnen konnte, hat Provisionen erhalten. Auch bei den von den „Musketieren“ organisierten Großveranstaltungen mit mehreren Hundert Besuchern waren laut Augenzeugen Cointed-Automaten aufgestellt. So konnten neu angeworbene Investoren Papiergeld sofort in Bitcoins wechseln.
Der Tiroler hält sich seit mehreren Wochen in Asien auf. Er wurde von der Polizei dazu aufgefordert, für eine Vernehmung nach Österreich zurückzukehren. Die von ihm mitbegründete Firma ist nun um Distanzierung bemüht. Er habe seine Anteile abgegeben und sei von allen Ämtern zurückgetreten, heißt es. Auch sein Foto ist von der Website verschwunden. Man habe sich aber im Guten getrennt, so Cointed-Sprecher Sperl.

Sollte sich bei den Ermittlungen herausstellen, dass der ehemalige CEO der Firma wirklich eine Schlüsselrolle beim potenziellen Betrug rund um Optioment gespielt habe, „wäre das ein absoluter Vertrauensbruch allen Mitarbeitern gegenüber“, so Sperl.

Was die Sache verkompliziert: Bei der Hausdurchsuchung sei es laut dem Cointed-Sprecher gar nicht um den Mitgründer gegangen, sondern um einen anderen Mitarbeiter, der ebenfalls mit Optioment in Verbindung stehe und inzwischen entlassen sei. Dieser habe „scheinbar irgendwelche großen Bargeldbeträge über sein Privatkonto laufen lassen“. Nähere Details konnte der Sprecher nicht nennen. Es gilt die Unschuldsvermutung.


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