Der größte Spendenaufruf in der UN-Geschichte: Die Überlebenden des Erdbebens brauchen Unterkünfte und sanitäre Anlagen. Ein weiteres Problem ist die instabile politische Situation.
Zur Unterstützung der Überlebenden des Erdbebens in Haiti haben die Vereinten Nationen den größten Spendenaufruf nach einer Naturkatastrophe in ihrer Geschichte gestartet. Drei Millionen Betroffene bräuchten Unterstützung in Höhe von fast 1,5 Milliarden Dollar (1,1 Milliarden Euro), erklärten UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und der UN-Sonderbotschafter für Haiti, der frühere US-Präsident Bill Clinton, am Donnerstag in New York.
Die Summe ist für das gesamte Jahr 2010 veranschlagt und mehr als doppelt so hoch wie der ursprüngliche Spendenaufruf drei Tage nach der Erdbebenkatastrophe. Damals hatten die Vereinten Nationen um 452 Millionen Dollar für die kommenden sechs Monate gebeten. Angesichts der herannahenden Regenzeit seien Unterkünfte, sanitäre Einrichtungen und humanitäre Unterstützung am dringlichsten, sagte Ban.
1,41 Milliarden Dollar für Tsunami
Einer UN-Sprecherin zufolge gingen bisher Spenden in Höhe von 673 Millionen Dollar ein. Nach dem Beben vom 12. Jänner sind laut Vereinten Nationen mehr als 1,2 Millionen Menschen in Haiti auf Notunterkünfte angewiesen. Mindestens zwei Millionen Menschen müssen mit Lebensmitteln unterstützt werden. Nach der Tsunami-Katastrophe in Asien 2005 hatten die UN zu Spenden in Höhe von 1,41 Milliarden Dollar aufgerufen.
Instabile politische Situation
Der Ministerpräsident von Haiti befürchtet unterdessen einen Zusammenbruch seiner Regierung wegen der Nachwehen des Erdbebens. Sorgen machten ihm vor allem die Lage der Obdachlosen während der drohenden Regenzeit und eine politische Spaltung, sagte Jean-Max Bellerive in einem Interview der Nachrichtenagentur AP. Jeder versuche, Konflikte zu schüren, "wobei wir doch jetzt den gleichen Feind haben: das Elend, das Desaster", erklärte er am Donnerstag.
Bellerive war zum Zeitpunkt des Bebens erst zwei Monate im Amt. Er ist bereits der sechste Ministerpräsident seit 2004 in Haiti. Die für diesen Monat geplante Parlamentswahl wurde wegen der Naturkatastrophe abgesagt, daher ist die Legitimität des Parlaments bedroht. Die für die kommenden Monate vorgesehene Präsidentenwahl findet möglicherweise ebenfalls nicht statt. Die Amtszeit von Staatschef Rene Preval endet in zwölf Monaten.
(Ag.)