"Katastrophe": Schelling kritisiert Strukturen im Gesundheitswesen

Hans Jörg Schelling als AUVA-Obmann im April 2008
Hans Jörg Schelling als AUVA-Obmann im April 2008APA
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Die Steuerungs- und Planungshoheit im Krankenkassenbereich müssten beim Bund liegen, betont der frühere Hauptverband-Chef und Ex-Finanzminister.

Für die Bewältigung der zukünftigen Herausforderungen im Gesundheitswesen als "Katastrophe" schätzt der ehemalige AUVA-Obmann, spätere Hauptverband-Chef und Ex-Finanzminister Hans Jörg Schelling die Strukturen in Österreich ein. Steuerungs- und Planungshoheit im Krankenkassenbereich sollten beim Bund liegen, sagte er Freitag beim Gesundheitsforum Seitenstätten "Prävenire".

"Österreich neigt zu Systemdiskussionen statt über die Situation der Patienten zu diskutieren", kritsierte Schelling. Statt Organisationen und Institutionen müsste der Mensch im Gesundheitswesen in den Mittelpunkt gerückt werden. Es fehle aber auch an vorausschauender Planung meinte er mit Hinblick auf die aktuellen gesundheitspolitischen Debatten: "Wenn Du losläufst, solltest Du wissen, wohin."

Vorbild Finnland

Österreich habe ein gutes, aber teures Gesundheitswesen. Der Flächenstaat Finnland versorge die Bevölkerung in Sachen Gesundheit mit rund 1000 Euro geringeren Aufwendungen pro Jahr als die Alpenrepublik. Unfall-, Kranken- und Pensionsversicherung hätten allein schon Beitragseinnahmen von mehr als 50 Milliarden Euro pro Jahr. Zum Überleben dieses Systems seien aber dann noch einmal rund 15 Milliarden Euro an Steuermitteln notwendig.

Die vor allem zwischen Krankenkassen und Bundesländern zersplitterte Finanzierung des Gesundheitswesens führe "zwangsläufig zu einem Verschiebebahnhof". 110 Millionen e-Card-Kontakte bedeuteten, dass jeder Österreicher im Durchschnitt zwölf Mal im Jahr eine Arztordination besuche. "27 Prozent der Österreich sind einmal pro Jahr im Spital. Im europäischen Schnitt sind es 18 Prozent", sagte Schelling. Es fehle weiterhin an Sektor-übergreifender Planung und einfachen Finanzströmen: "Alle wollen die Finanzierung aus einer Hand, aber alle wollen diese Hand sein."

Die wichtigsten Kostentreiber im Gesundheitswesen seien - zu einem kleineren Teil - die demografische Entwicklung und zu einem größeren Teil die Fortschritte in der Medizin. Die Medizin werde nie billiger werden, aber man könne das Kostenwachstum dämpfen. Hier sei die Verhütung von Krankheiten jener Faktor, auf den man sich in Zukunft konzentrieren müsse: "Die Präventionsfrage wird die entscheidende Frage sein, ob man die Kostentreiber in den Griff bekommt. Wir brauchen zwingend den Patienten im Mittelpunkt. Er muss aber auch begreifen, dass er eine Eigenverantwortung für seine Gesundheit hat."

(APA)

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