US-Auftrag für hyperschnellen Flugkörper

Scramjet-Flugkörper, hier ein X-51 "Waverider" von Boeing am Flügel eines B-52-Bombers
Scramjet-Flugkörper, hier ein X-51 "Waverider" von Boeing am Flügel eines B-52-BombersBoeing/Edwards Air Force Base
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Eine Milliarde Dollar für Lockheed Martin. Ähnliche Systeme gibt es unter anderem in Russland und China.

Washington. Die US-Luftwaffe wird dem Konzern Lockheed Martin umgerechnet 750 Millionen Euro für die Entwicklung eines noch namenlosen hyperschallschnellen Marschflugkörpers auszahlen, der mehrere tausend Kilometer fliegen soll. Der Zuschlag erfolgte diese Woche, hieß es aus dem Pentagon, man regiere auf ähnliche Aktivitäten in Russland und China.

Auch Indien hat es in dem Feld schon recht weit gebracht, ebenso der US-Verbündete Australien. Peking besitze ein „ziemlich reifes System für eine Hyperschallwaffe mit einer Reichweite von mehreren tausend Kilometern“, so ein Pentagonsprecher. Mit heutigen Flugabwehrwaffen könnten die USA so etwas kaum bekämpfen und möglicherweise nicht einmal „kommen sehen".

Mach 5 und mehr

Unter Hyperschall versteht man Geschwindigkeiten von mindestens fünffacher Schallgeschwindigkeit (Mach 5). Da die Schallgeschwindigkeit von Lufttemperatur und -druck abhängig ist, lässt sich das nicht eindeutig in km/h umrechnen, Mach 5 sind grob gesagt etwa 5300 bis 6300 km/h.

Russland wollte im März eine Mach-10-schnelle Hyperschallrakete namens Dolch getestet haben, die existierende Abwehrsysteme überwinden könne. In Wahrheit sind solche Apparate jedoch keine - wie es immer wieder irrig oder einfach salopp geschrieben wird -  Raketen (Raketenmotoren brauchen nämlich keine Außenluft), sondern sogenannte Staustrahltriebwerke bzw. im konkreten Fall Scramjets: Sie mischen vorn eintretende Luft wie bei jedem Düsenantrieb mit Treibstoff und zünden den Mix, haben aber innen keine beweglichen Teile, etwa den Verdichter, und können so ungleich schneller werden

Das wohl bekannteste Flugzeug mit Staustrahl/Ramjet-Motoren: die Lockheed SR-71 "Blackbird"
Das wohl bekannteste Flugzeug mit Staustrahl/Ramjet-Motoren: die Lockheed SR-71 "Blackbird"US Air Force

Die Technologie ist an sich von der Idee her sehr simpel und ziemlich alt - der Franzose René Lorin (1877 bis 1933) hatte 1908 erstmals das Funktionsprinzip eines Staustrahltriebwerkes (Staustrahlrohr) beschrieben. Allerdings ist die technische Umsetzung speziell für den höheren Überschallbereich überraschend kompliziert, weshalb bisher nicht sehr viele funktionsfähige Flugzeuge und Lenkwaffen mit solchen Motoren gebaut wurden - darunter etwa das französische Testflugzeug Leduc 0.10 (Ende der 1940er), das legendäre US-Aufklärungsflugzeug Lockheed SR-71 "Blackbird", Fliegerabwehr-"Raketen" wie die britische "Sea Dart" und Anti-Schiff-Marschflugkörper wie die sowjetisch/russische P-270 "Moskit".

Scramjets verbrennen mit Überschall

In der Regel bewegten sich die Geschwindigkeiten dabei deutlich unter Mach 5, typisch waren/sind etwa Mach 2,5 bis 3,5. Unterhalb von Mach 5 spricht man von "Ramjet"-Antrieb, bei Scramjets läuft bereits die Verbrennung im Motor selbst überschallschnell ab, was eine der Hauptschwierigkeiten solcher Antriebe am besten illustriert: Die Verweilzeit der einströmenden Luft im Rohr ist dementsprechend extrem kurz, daher auch die Zeit, die für das Durchmischen mit Treibstoff und die Verbrennung bleibt.

Mit der X-43 erreichte ein US-System anno 2004 rund 11.000 km/h, zuletzt flog 2013 die X-51 mit Mach 5. (ag./wg)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.04.2018)

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