Ein ganz normaler Justizskandal

In Österreich werden ökonomische Novizen einer Armada von Wirtschaftsanwälten zum Fraß vorgeworfen. Prost Mahlzeit!

Wer jemals das Vergnügen hatte, einen haushoch unterlegenen Spieler zum Gegner zu haben, wird wissen, dass eine derartige Konstellation auf Dauer ziemlich langweilig ist. Etwas anders werden das freilich die heimischen Wirtschaftsanwälte sehen, die täglich Staatsanwälten und Richtern gegenübersitzen, die schon zum Umblättern von Akten eigene Gutachter brauchen. Hierzulande ist es nämlich noch immer völlig normal, ökonomisch bescheiden ausgebildeten Juristen die Anklage in Wirtschaftsfällen zu übertragen oder sie gleich in den Richterstuhl zu setzen.

In der Praxis sieht das dann so aus, dass in München eine höchst schlagkräftige Truppe von Wirtschafts-Staatsanwälten den mutmaßlichen Kriminalfall Hypo Alpe Adria aufzuklären versucht, während hierzulande noch nicht einmal die Pleite der Handelskette Libro (aus dem Jahr 2001) vor Gericht gebracht wurde. Von anderen Fällen – wie YLine, Immofinanz, Meinl European Land oder Buwog – ganz zu schweigen.

Nun ist es sehr erfreulich, wenn Finanzminister Josef Pröll zur „Soko Hypo“ nun auch noch eine „CSI Hypo“ ins Leben ruft. Das ändert aber am prinzipiellen Problem nichts: In Österreich stehen noch immer viel zu wenige, viel zu schlecht ausgebildete Staatsanwälte einer Armada von Staranwälten gegenüber, die so gut wie jeden Fall sicher nach Hause bringen. Irgendwie wird man auch den Eindruck auch nicht ganz los, dass dieser unhaltbare Zustand der Politik gar nicht so unrecht ist.


franz.schellhorn@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.02.2010)

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