Mein Dienstag

Im Flugzeug

(c) APA/BARBARA GINDL
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Man wundert sich über Dinge, und anschließend wundert man sich darüber, dass man sich gewundert hat.

Zum Beispiel bin ich unlängst durch Amsterdam spaziert und war sehr irritiert erstens über die Marihuanawolke, in die diese Stadt eingetaucht ist, und zweitens über die vielen Jugendlichen, die sich für die Wolke verantwortlich zeigen. Ebendiese Menschen rennen nämlich entweder konzeptlos durch die Gegend oder zielgenau auf die Radfahrer zu, oder sie stehen saumselig am Straßenrand und begutachten interessiert ihre Hände, als sähen sie sie zum ersten Mal. „Wunderschöne Stadt“, schreibe ich einer Freundin während der Kaffeepause bei einer malerischen Gracht, „aber voll mit Bekifften!“ Was ich denn erwartet hätte, schreibt sie mir zurück. Es ist Amsterdam! Ja. Eh.

Überhaupt war die Reise in die Niederlande schon so verwunderlich. Im Flugzeug hat eine Frau uns Passagiere begrüßt, anschließend eine weitere Frau, sie sagte: „I'm your pilot.“ Nach Jahren des Herumfliegens fliegt mich endlich eine Pilotin, freue ich mich, ich rufe: „Juhuu!“ und klatsche zweimal, dann schaue ich in fröhlicher Erwartungshaltung durch meine Sitzreihe, aber niemand reagiert. Also, sie reagieren schon, aber auf mich, indem sie mich seltsam von der Seite anstarren. „Wieso freut ihr euch nicht?“, will ich aggressiv herumrufen, aber ich sage nichts, wende mich schwer beleidigt ab und starre aus dem Fenster, man soll ja im Flieger nicht pöbeln. Als ich einmal in die Türkei geflogen bin, hat sich ein betrunkener Passagier derart aufgeführt, dass die Polizei zum Gate bestellt wurde, und bis die Beamten kamen, mussten wir alle im Flugzeug warten. Daraufhin ist selbstverständlich ein Tumult ausgebrochen, ganze Sitzreihen haben sich weiß Gott warum angegiftet, Kinder haben geweint, die Flugbegleiter standen kurz davor. Nach etwa zwanzig Minuten Flugzeughaft wurde die Luft immer schlechter, Handgepäck flog durch die Gegend – dann endlich Freiheit. Natürlich wollten alle gleichzeitig hinaus. „Was für ein Chaos!“, sage ich dem türkischen Opa neben mir. „Hoffentlich sehen das die ausländischen Gäste nicht“, sagt er.

E-Mails an: duygu.oezkan@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.04.2018)

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