Voest-Werk in Kapfenberg: "Meilenstein für die Industrie"

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Das modernste Edelstahlwerk der Welt kostet 350 Mio. Euro und sichert 3000 Arbeitsplätze in der Steiermark. Es soll 2021 in Betrieb gehen.

Ein gutes Jahr wurde geplant, getestet, die Kosten abgewogen - und von steirischer Seite heftig lobbyisert: Im September fiel dann die Entscheidung, dass das neue Edelstahlwerk der Voestalpine nicht im Ausland, sondern in Kapfenberg gebaut wird. Heute wurde der Bau der 350 Mio. Euro schweren Investition, die 2021 in Betrieb gehen soll,  mit dem Spatenstich begonnen .„Der Spatenstich ist nicht nur ein Meilenstein für unseren Konzern und den Standort Kapfenberg, sondern auch ein positives Signal für die europäische Industrie. Erstmals seit den 70er-Jahren wird wieder in ein völlig neues Stahlwerk in Europa investiert“, sagte Voest-Chef Wolfgang Eder. Franz Rotter, der für die Sparte High Performance Metals zuständige Vorstand, sprach von einem „epochalen Schritt“.

Die Vorbereitungen für den Bau sind schon im Gange. Derzeit werde an der Erstellung des Baufeldes sowie der Infrastruktur für Energieversorgung und Logistik gearbeitet. Das neue Werk wird die bestehende Anlage der Voerstalpine Böhler Edelstahl in Kapfenberg ersetzen. Jährlich sollen dann im neuen Werk rund 205.000 Tonnen an Hochleistungsstählen vor allem für die internationale Flugzeug- und Automobilindustrie sowie den Öl- und Gassektor produziert werden. Außerdem wird die Anlage für den 3D-Druck von komplexen Metallteilen ausgelegt.

Strompreis spielt große Rolle

Mehr als 3000 Arbeitsplätze seien dadurch in der Region langfristig abgesichert. Rotter zufolge werden direkt im neuen Werk wegen der hohen Digitalisierung rund 200 Mitarbeiter arbeiten. Ausschlaggebend für die laut Eder „schwierige Standortentscheidung“ - „nicht alles sprach für Kapfenberg“ - sei das Know-how der Mitarbeiter in der Steiermark gewesen. „Kritisches Element“ sei vor allem die langfristige Strompreis-Entwicklung gewesen: „Mit ihr steht und fällt die Kostenseite“, erklärte Eder. Rotter führte auch die Gehaltskosten ins Treffen, doch da habe sich durch die zunehmende Digitalisierung und damit Rationalisierung eine langfristig positive wirtschaftliche Prognose für den Standort ergeben.

Bereits seit Herbst 2017 laufen die Vorfeldarbeiten für den Bau der neuen Produktionsstätte - direkt neben dem bestehenden Werksgelände. Gebaut wird auf einer Fläche von rund 50.000 Quadratmetern, was etwa der Größe von sechs Fußballfeldern entspricht. Für die Errichtung des Werks muss das Baufeld eingeebnet werden. Die Energieversorgung läuft über zwei Umspannwerke und es müssen Zufahrtsstraßen und Montageplätze errichtet werden. Bis zum Sommer 2018 sollen die ersten Vergaben für den Hallen- und Anlagenbau erfolgen. Ab 2019 ist die Installation der Aggregate geplant. Während der dreijährigen Bautätigkeit werden vor Ort bis zu 1.000 temporäre Arbeitsplätze geschaffen.

Voll digitalisierte Produktion

Die Anlage wird auch hinsichtlich digitalisierter Produktionsabläufe internationale Standards setzen: Rund 8.000 Prozessdaten sollen laufend parallel erfasst und umgesetzt bzw. ausgewertet werden. „Der hohe Digitalisierungsgrad des neuen Edelstahlwerkes ist die Voraussetzung dafür, unsere Kunden künftig mit noch höheren Werkstoffqualitäten versorgen zu können. Die entsprechende Entwicklungsarbeit sowie die Qualifizierung unserer Mitarbeiter in den Bereichen Robotik, Sensorik oder Datenanalyse erfolgt über unser eigenes Kompetenzzentrum für Digitalisierung unmittelbar am Standort des Werks“, erklärte Rotter.

Das Kernstück der Anlage ist ein Elektrolichtbogenofen, der hochreinen Schrott in Kombination mit verschiedensten Legierungsmetallen zu Edelstählen erschmilzt. Er wird zu 100 Prozent mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen betrieben. Zudem sorgt ein Rückgewinnungssystem dafür, dass die erzeugte Wärme werksintern weiterverwendet sowie in das öffentliche Fernwärmenetz eingespeist wird. Was die Kühlung der Produktionsanlagen betrifft, könne dank geschlossener Kreisläufe eine Reduktion der benötigten Kühlwassermengen um bis zu 90 Prozent erzielt werden.

Neben dem neuen Edelstahlwerk werden in den kommenden fünf Jahren auch noch einige Millionen Euro in Erweiterungen im Bereich Aerospace sowie in die Metallpulverproduktion für den 3D-Druck fließen. Im kommenden Jahr beispielsweise soll eine Titan-Druck-Anlage in Kapfenberg in Betrieb gehen, kündigte Rotter am Dienstag am. Insgesamt könne daher von Investitionen in der Höhe von rund 500 Mio. Euro gesprochen werden.

Das Investitionsprojekt Edelstahlwerk löst laut voestalpine „maßgebliche volkswirtschaftliche Effekte“ aus: Wie eine Studie des Industriewissenschaftlichen Institutes vom September 2017 darlegt, wird alleine in der Bauphase (2018-2021) eine österreichweite Bruttowertschöpfung von rund 240 Mio. Euro generiert. 145 Mio. Euro davon entfallen auf die Steiermark. Der durch das Vorhaben ausgelöste Produktionswert beläuft sich auf alles in allem rund 575 Mio. Euro (davon Steiermark: 375 Mio. Euro). Indirekt sichert das Projekt in der Errichtungsphase 3.500 nationale Arbeitsplätze ab, davon mehr als die Hälfte allein in der Steiermark. Kein Wunder, dass sich die steirische Politik kräftig ins Zeug legte.

Die Voest, die sich schon lange vom Stahlkocher zum Hightech-Konzern entwickelt und damit von der Preisentwicklung bei simplem Stahl abgekoppelt hat, betreibt allein in der Steiermark neun Standorte mit 13 Produktionen und einer Holding, die einen Umsatz von 3,1 Mrd. Euro erzielen. Etwa 9.400 Mitarbeiter haben dort für die Voest.

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