Bruchlinien in der eigenen Partei und Protest wegen Reformen machen Macron zu schaffen.
Paris. Während der französische Präsident, Emmanuel Macron, in Washington über Weltpolitik verhandelt, ist er in Frankreich mit wachsendem Gegenwind konfrontiert – nun auch aus den eigenen Reihen. Seit Tagen finden auf Frankreichs Straßen Proteste gegen Macrons Reformpläne statt. Und nun sorgte die Debatte über ein verschärftes Asyl- und Immigrationsgesetz für Verwerfungen in der Regierungspartei LREM.
Nach einer mehrtägigen, sehr hitzig geführten Debatte hat die Nationalversammlung in erster Lesung eine Regierungsvorlage dazu mit 228 gegen 139 Stimmen und 24 Enthaltungen verabschiedet. Es war ein Test für die Loyalität der Abgeordneten der Regierungspartei, unter denen es viele politische Neulinge gibt, die zum ersten Mal mit einem solchen ideologischen Seilziehen konfrontiert waren.
„Unmenschliches Gesetz“
Die Asylpläne der Regierung sorgten für Widerstand sowohl von der rechten als auch von der linken Opposition. Während die Rechte die Verschärfungen als zu wenig weit gehend bezeichnete, sprach die Linke von einem „unmenschlichen Gesetz“. Abgeordnete der linken Opposition in der Nationalversammlung kritisierten etwa, dass die Abschiebehaft statt bisher 45 nun bis zu 90 Tage dauern kann.
Macron und seine Regierung forderten angesichts des Drucks der Opposition bei der Abstimmung von den eigenen Abgeordneten rückhaltlose Unterstützung. Doch sehr schnell zeichneten sich die ersten internen Bruchlinien in der Bewegung LREM ab, in der sich auf der Grundlage von Macrons Programm Leute von rechts, aus der Mitte und von links zusammengefunden haben.
Macron pocht auf Disziplin
Den LREM-Abgeordneten, die humanitäre Bedenken äußerten oder gar mit dem Gedanken spielten, dagegenzustimmen, wurde mit Sanktionen oder gar mit dem Parteiausschluss gedroht. Jean-Michel Clément, der als Einziger aus dem Lager der LREM dagegen votierte, hat seinen Austritt angekündigt.
Weitere neun LREM-Abgeordnete enthielten sich der Stimme, um so ihre Gegenmeinung kundzutun. Eine von ihnen, Sonia Krimi, sprach von einer „Gewissensfrage“. Die Regierung habe mit der Zustimmung der Nationalversammlung „keinen Blankoscheck“ für die Verschärfung der Ausländerpolitik erhalten.
Macron hat aus der Erfahrung seines Vorgängers, François Hollande, gelernt: Dieser hatte wegen der internen linken Opposition in der Sozialistischen Partei am Ende keine Mehrheit mehr und wurde dadurch de facto handlungsunfähig. Darum pocht Macron heute auf eine strikte Disziplin.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2018)