Macrons diplomatischer Showdown im US-Kongress

Stehende Ovationen für den französischen Präsidenten: Macron bei seiner Rede vor dem US-Kongress. Vor den Abgeordneten warb er auch für das Atomabkommen mit dem Iran.
Stehende Ovationen für den französischen Präsidenten: Macron bei seiner Rede vor dem US-Kongress. Vor den Abgeordneten warb er auch für das Atomabkommen mit dem Iran.(c) APA/AFP/MANDEL NGAN (MANDEL NGAN)
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In seiner Rede vor dem Kongress redete Frankreichs Präsident Tacheles. Er warb für Klimaschutz und einen Verbleib im Iran-Abkommen. Trump will den Deal neu verhandeln und lässt seine Entscheidung offen.

New York. Drei Tage lang hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron seinen US-Kollegen umworben und demonstrativ eine besondere Nähe zur Schau gestellt. Es gab Küsschen, Umarmungen, schöne Bilder mit Donald Trump. Doch dann beendete Macron seinen US-Besuch mit einem Paukenschlag. Seine Rede vor den beiden Kammern des US-Kongresses am Mittwochabend nutzte Macron für ein Bekenntnis zur internationalen Zusammenarbeit und zum Klimaschutz. Und er warnte vor Isolationismus – was man durchaus als Kritik an Trumps Abschottungspolitik verstehen konnte.
„Wir können uns für Isolationismus, Rückzug und Nationalismus entscheiden. Das mag als ein vorübergehendes Mittel gegen unsere Ängste verlockend sein“, erklärte Macron: „Aber die Welt wird sich auch dann weiterentwickeln, wenn man die Tür zuschlägt.“ Eindringlich plädierte er dafür, am Pariser Klimaabkommen festzuhalten – Trump hatte vergangenes Jahr den Ausstieg der USA angekündigt. Man müsse die Erde schützen, es gebe keinen „Planeten B“. Und in Anlehnung an Trumps Wahlkampfslogan: „Make our planet great again.“

Die USA warnte Macron in seiner Rede nochmals davor, das 2015 in Wien unterzeichnete Iran-Abkommen aufzukündigen. Ohne eine substanzielle Alternative „sollten wir nicht aussteigen“ sagte er, und fügte hinzu: „Der Iran soll niemals Nuklearwaffen besitzen.“ Macron war es während seines Staatsbesuchs in Washington nicht gelungen, einen Durchbruch rund um den Atomdeal mit dem Iran zu erzielen. Das Abkommen hängt trotz der dreitägigen Überzeugungsarbeit des französischen Präsidenten in der Luft. Donald Trump will sich bis zum Ablauf der Frist am 12. Mai alle Optionen offenhalten und dann bekannt geben, ob die USA aus dem Deal aussteigen. Freilich: Mit dem Verweis auf eine mögliche Alternative zeigte sich Macron auch offen, den Deal nachzuverhandeln – was wiederum Deutschland gar nicht passt. Man könnte auch sagen, Frankreich und die USA sind in den vergangenen Tagen auf Kosten der EU ein Stück näher zusammengerückt.

In der Vereinbarung, die auch von Russland und China abgesegnet wurde, verpflichtet sich der Iran, sein Atomprogramm stark einzuschränken. Im Gegenzug sollten Wirtschaftssanktionen gegen das Mullah-Regime aufgehoben werden. Trump bezeichnete den Deal bei einem Auftritt mit Macron abermals als „verrückt“ und „lächerlich“, weil er auf zehn Jahre begrenzt sei und Irans Raketenprogramm sowie die Einflussnahme des Landes in der Region nicht umfasse.

Zuckerbrot und Peitsche

Genau diese Punkte will nun auch Macron verhandeln, wobei unklar ist, ob sie in den ursprünglichen Vertrag aufgenommen oder in Nebenvereinbarungen niedergeschrieben werden sollen. In jedem Fall hat der Iran bereits gedroht, der Atomdeal werde tot sein, wenn neue Bedingungen gestellt würden. Auch Peking und Moskau dürften kaum zu Neuverhandlungen bereit sein und selbst Deutschland distanziert sich: Ein neuer Atomvertrag stehe nicht auf der Agenda, verlautete das Außenministerium in Berlin.

Trump wiederum fährt genauso wie mit Nordkorea eine Strategie, die am besten mit Zuckerbrot und Peitsche umschrieben werden kann. Wenn der Iran auch nur beginne, seine nuklearen Ambitionen wieder aufzunehmen, werde das Land „größere Probleme als jemals zuvor“ bekommen. Gleichzeitig stehe er Verhandlungen offen gegenüber, sagte Trump, der die Aufmerksamkeit rund um seine selbst auferlegte Deadline im Mai sichtlich genießt. „Keiner weiß, was ich am 12. Mai machen werde.“

Zum diplomatischen Showdown kommt es in den nächsten Wochen auch mit Nordkorea, dessen Machthaber Kim Jong-un Trump Ende Mai oder Anfang Juni treffen will. Die Vorgespräche liefen „sehr, sehr gut“ und der nordkoreanische Diktator sei „ehrenwert“, meinte der US-Präsident, nur wenige Monate nachdem er Kim als „kleinen Raketenmann“ bezeichnet und dem Land mit „Feuer und Wut“ gedroht hatte.

Trump zeigt also einmal mehr, dass er kein Problem damit hat, den Kurs zu ändern, und gerade im Fall des Iran-Deals kann sich das Blatt in den kommenden Wochen schnell wenden. Hinter vorgehaltener Hand sprechen Diplomaten bereits von einer für alle Seiten gesichtswahrenden Lösung, die den bestehenden Deal nicht abändert, gleichzeitig aber Extravereinbarungen vorsieht, die den Einfluss Irans in Syrien in Zaum halten sollen. Der Iran könnte dann darauf hinweisen, beim ursprünglichen Abkommen nicht nachgegeben zu haben. Trump könnte sich vor den im Herbst anstehenden Kongresswahlen als Sieger feiern lassen, der mit seinen Drohungen Teheran wichtige Zugeständnisse in Syrien abringt. Der geplante Abzug aus Syrien, den seine Anhängerschaft unterstützt, könnte so vollzogen werden, sofern Russland Bashar al-Assad in Zaum hält und der syrische Machthaber keine weiteren Chemiewaffen einsetzt.

Zunächst muss Trump allerdings Angela Merkel umschmeicheln. Der Besuch der Kanzlerin steht am Freitag an, und ohne deutsche Unterstützung ist jegliche Neu- oder Zusatzvereinbarung mit dem Iran zum Scheitern verurteilt. Im Gegensatz zu Macron steht Merkel dem emotionalen und polternden US-Präsidenten distanziert gegenüber. Das Verhältnis der beiden Politiker kann bestenfalls als zurückhaltend beschrieben werden.

2009 unter dem Präsidenten Barack Obama war es noch Merkel gewesen, die in Washington enthusiastisch empfangen wurde und vor den Gesetzgebern im Kongress sprach. Diesmal wurde diese Ehre Macron zuteil. Ob der französische Präsident dabei den Iran-Deal retten konnte, wird sich in den kommenden Wochen zeigen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.04.2018)

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