Fasten heißt nicht abnehmen

Die wichtigste Frage bei Fastenkuren ist: Was will ich damit erreichen? Eines vorweg: Die Reduktion von Körpergewicht wird immer unwichtiger.

Fast jeder zweite Österreicher will es in den kommenden Wochen machen: Fasten. Auf Süßigkeiten verzichten, keinen Alkohol trinken, sich generell einschränken – die Bandbreite, wie der Verzicht gestaltet sein soll, ist groß. Und ähnlich groß ist auch das Spektrum an Zielen, die man mit dem zeitweiligen Fasten erreichen möchte. Der naheliegendste Gedanke, nämlich auf diese Weise gleich sein Körpergewicht zu reduzieren, spielt allerdings keine allzu große Rolle.

„Das tritt immer mehr in den Hintergrund“, sagt Fasten- und Gesundheitstrainerin Ulrike Borovnyak. Andere Ziele seien mittlerweile wichtiger geworden. Viele wollen mit diesem Schritt eine Veränderung einleiten, ihre Lebensqualität verbessern, den Lebensstil verändern oder „auch endlich etwas durchziehen, etwa mit dem Rauchen aufzuhören“. Wichtig sei vor allem, sich das Ziel schon im Vorhinein klar zu machen. Sich dessen bewusst zu sein, sei wichtiger, als die Frage, was man nun nicht mehr essen darf.


Viel Flüssigkeit. Beim Fasten selbst vertritt Borovnyak, die auch Vorstandsmitglied der Österreichischen Gesellschaft für Gesundheitsförderung (www.gesundheitsfoerderung.at) ist, die Buchinger-Lützner-Methode. Die sieht eine langsame Entlastung des Körpers vor, in der zunächst leichte Kost gegessen wird und schließlich für etwa fünf Tage keine feste Nahrung mehr zu sich genommen wird. Dafür umso mehr Flüssigkeit, die dem Körper in Form von Tee, Wasser und einmal am Tag in Form von Obst- oder Gemüsesaft zugeführt wird – mindestens drei Liter pro Tag. „Über die Flüssigkeit wird der Körper ausgeschwemmt“, sagt Borovnyak. Dementsprechend kann sie radikalen Methoden wie der „Lichtnahrung“, in der gänzlich auf die Zufuhr von Nahrung und Flüssigkeit verzichtet wird (s. links) nur wenig abgewinnen: „Wenn keine Flüssigkeit da ist, wird auch nichts erneuert.“ Würde sich jemand bei ihr melden, der nach diesem Konzept fasten möchte, würde sie ihn als Trainerin jedenfalls nicht betreuen. „Ich würde auf einen Fastenarzt verweisen“, meint sie, „da kann ja etwas Seelisches dahinterstecken, etwa versteckte Bulimie.“

Betreuung bei der Fastenkur hält sie für einen zentralen Schlüssel zum Erfolg. Denn einfach nur nichts zu essen und „irgendwelche Säfte aus der Apotheke“ zu besorgen, führe zu nichts: „Dann bekommt man höchstens Kopfschmerzen oder es wird einem schlecht – und die Motivation ist dahin.“

Ob man seine Fastenkur gerade in die christliche Fastenzeit legen muss, spielt keine wesentliche Rolle. Natürlich, die Erneuerungsstimmung im beginnenden Frühling hat schon etwas für sich. Doch viel wichtiger als ein vorgegebenes Datum sei die persönliche Lebenssituation. Einigen fällt der Verzicht im Sommer leichter, wo man generell nicht so schwere Nahrung zu sich nimmt, andere wiederum fasten konsequent im Advent – und erleben ihn als eine Zeit des Rückzugs.


Jährlicher Ruhepol. Wichtig sei, dass man sich einmal im Jahr einen Ruhepol schafft, an dem man in einer ruhigen Woche ein bisschen Verzicht übt. Der übliche Ablauf, dass nach dem Fasten wieder gegessen wird wie bisher, sollte es allerdings nicht sein. Hat man wirklich konsequent gefastet, wird der Körper in diesem Fall aber ohnehin reagieren und Signale geben, etwa mit Völlegefühl. Eine Einschränkung: „Hoffentlich“, so Borovnyak, „bemerkt man das dann auch.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2010)

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