"Liebe das Land oder verlasse es": Parallelgesellschaften auf Puls 4

Corinna Milborn stellte - wie gewohnt - gute Fragen.
Corinna Milborn stellte - wie gewohnt - gute Fragen.(c) Screenshot
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Das Thema Integration von Türken stand am Mittwoch bei "Pro & Contra" am Programm. Dabei wurde FPÖ-Politiker Dominik Nepp mit türkischen Nationalisten verglichen.

Am Mittwochabend widmete sich Puls 4 der Frage, ob es türkische Parallelgesellschaften in Wien gibt - und wenn ja, was man dagegen tun kann und soll. Hintergrund waren die Bilder aus einer Moschee im 20. Wiener Gemeindebezirk, die kürzlich auftauchten: Kinder spielten Leichen, bedeckt mit türkischen Flaggen. Die Frage, wie es um Parallelgesellschaften in Wien bestellt ist, wurde seitdem wieder um einiges drängender.

Auf Puls 4 diskutierten nun fünf Gäste, die sich freilich alle gegen solche Entwicklungen aussprachen. Unterschiedliche Meinungen gab es vor allem dazu, wie sehr sich Türken in Österreich (und türkischstämmige Österreicher) mit ihrem neuen Heimatland identifizieren - und identifizieren sollen. 

Auffällig dabei war jedenfalls Berival Aslan, die leidenschaftlich bis heftig alles angriff, was sie mit der türkischen Regierungspartei AKP verbindet. Da wären natürlich Vereine und Wahlkampfveranstaltungen, aber auch Personen wie Ex-Bundeskanzler Christian Kern, der kurz vor der vergangenen Wahl der AKP seine Aufwartung gemacht hätte. Und die FPÖ insgesamt, die von dem Konflikt profitiere. Der vorigen Regierung wirft Aslan Versagen vor: "Man hat es verabsäumt, türkischstämmigen Demokraten den Rücken zu stärken. Jetzt haben wir natürlich das Szenario, dass die AKP in Österreich ihre Politik sichtbar macht und die FPÖ sich von dieser Politik ernährt."

Wobei der AKP-nahe türkischstämmiger Arzt Turgay Taskiran (auch Gründer der Partei „Gemeinsam für Wien“) einen Widerspruch aufdeckt: Wenn Aslan dagegen sei, dass türkische Politik nach Österreich getragen werde, müsse sie sich selbst an der Nase nehmen. Immerhin unterstütze sie aktiv eine Kurdenpartei.

Vergleich: Nepp und türkischen Nationalisten

(c) Screenshot

Der Wiener FPÖ-Vizebürgermeister Dominik Nepp sprach sich dafür aus, dass niemand in Österreich bleiben solle, der sich nicht integrieren möchte. Es könne nicht sein, dass Leute, die hier lange leben, im Sommer sagen, sie fahren "in ihre Heimat, die Türkei". Das sei falsches Denken. Was Can Gülcü, Kulturschaffender und Aktivist, "fast komisch" fand. Denn die Diktion "Liebe das Land oder verlasse es" würden genau diejenigen Türken verwenden, die man hier kritisiere: Türkische Nationalisten. Ihm würde das an den Kopf geworfen werden, wenn er in die Türkei fahre. Worauf Nepp, der für seine Eloquenz bei öffentlichen Diskussionen wohl nicht mehr berühmt werden dürfte, nicht wirklich einging. Dabei wäre Nationalismus ein durchwegs spannender Punkt gewesen, der mehr Raum verdient hätte.

Insgesamt bot Puls 4 (erneut) eine spannende Diskussion durch eine gute Auswahl der Gäste, durch ein breites Spektrum, durch eine gute Moderation. Auch wenn die Fragen letztlich natürlich nicht beantwortet werden konnten: Es gab viele Standpunkte, Argumente, Sichtweisen, (aufgedeckte) Widersprüche. Und das ist es doch, was eine Diskussion leisten soll.

Die Gäste:

  • Josef Cap, Bezirksparteibomann, SPÖ Hernals, ehem. SPÖ-Klubobmann
  • Dominik Nepp, Vizebürgermeister, FPÖ Wien
  • Berivan Aslan, kurdischstämmige Politikerin, ehem. Nationalratsabgeordnete, Die Grünen
  • Turgay Taskiran, türkischstämmiger Arzt, Gründer der Partei „Gemeinsam für Wien“, ehem. Präsident der Union Europäisch-Türkischer Demokraten (bis 2013)
  • Can Gülcü, Kulturschaffender und Aktivist, Lehrbeauftragter an der Universität Graz, Mitarbeiter bei UNDOK

Moderation: Corinna Milborn

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