Die internen Ermittler legten ihren Abschlussbericht vor. Daraus geht hervor, dass 590 abgehörte Telefongespräche Hinweise auf strafbare Handlungen enthielten.
Der islamistische Berlin-Attentäter Anis Amri hätte womöglich wegen seiner kriminellen Taten im Drogenmilieu frühzeitig ins Gefängnis gebracht werden können. Dies legt ein Bericht interner Ermittler über eine kritische Überprüfung der Arbeitsabläufe innerhalb der Berliner Polizei zum Fall Amri nahe, dessen Ergebnisse die Senatsverwaltung des Innern am Donnerstag in einer Kurzfassung vorlegte.
Darin werden zahlreiche Polizeiversäumnisse deutlich. Der Abschlussbericht der sogenannten Taskforce Lupe, die der Berliner Polizeipräsident im Mai vergangenen Jahres eingesetzt hatte, wurde laut Senatsverwaltung mittlerweile dem Amri-Untersuchungsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses übergeben. Die Taskforce hatte in den vergangenen Monaten die Telekommunikationsüberwachung, die Observationsmaßnahmen sowie die zu Amri geführten Vorgänge ausgewertet und auf Grundlage der dabei festgestellten Mängel Handlungsempfehlungen für die Polizei Berlin erarbeitet.
"Konsequenteres Vorgehen" geboten
Die Senatsverwaltung legte nun eine sogenannte Managementfassung zu dem Abschlussbericht vor, die den Prüfauftrag, die Arbeitsmethodik, die wesentlichen Auswertungsergebnisse und Handlungsempfehlungen der Taskforce beinhaltet. Darin heißt es, dass im Fall Amri 590 abgehörte Telefongespräche Hinweise auf strafbare Handlungen enthielten, die "in ihrer Gesamtheit ein konsequenteres Vorgehen" gegen den Tunesier geboten hätten.
Die Taskforce überprüfte demnach acht Vorgänge mit Bezügen zu Amri, die im Vorfeld des von dem Tunesier begangenen Weihnachtsmarktanschlags im Zuständigkeitsbereich der Polizei Berlin lagen. Dabei wurden die Erkenntnisse aus Telekommunikationsüberwachung und Observation des späteren Attentäters einbezogen.
Dabei stellten die internen Ermittler insgesamt 254 Fehler im Umgang mit Amri fest. 32 davon bewerteten sie als schwer, weil sie sich auf die Ermittlungsergebnisse ausgewirkt hätten. Zwölf dieser 32 Fehler hätten sogar unmittelbare Auswirkungen auf wesentliche Inhalte der Ermittlungsergebnisse gehabt.
Amri hatte am 19. Dezember 2016 bei dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche zwölf Menschen getötet und fast 70 weitere verletzt. Nach vier Tagen auf der Flucht wurde er am 23. Dezember bei einer Polizeikontrolle im Großraum Mailand erschossen. Amri war von den Behörden zeitweise als islamistischer Gefährder eingestuft. In Berlin war er den Ermittlern zufolge im Drogenmilieu aktiv.
(APA/AFP)