Technik-Pitches: Gusto machen ist das Wichtigste

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Hearings. Investoren für Projekte begeistern, Gremien Rechenschaft ablegen, um eine Stelle rittern: Techniker tun sich hier besonders schwer.

Sie haben 15 Minuten Zeit, um die Welt von einem Projekt zu überzeugen. Die „Falling Walls Conference“, die heuer am 8. September in Berlin stattfindet, ist Eldorado und Alptraum zugleich. Es winkt die Chance auf die globale Umsetzung einer revolutionären wissenschaftlichen Idee. Doch eine Gruppe tut sich besonders schwer, die zu verkaufen: Techniker.

Das hat fünf gewichtige Gründe, erläutert Business Coach Regina Jankowitsch. Immer wieder führt sie auch Techniker durch solche Pitches und Hearings.

So einfach wie möglich. Hält ein beliebiges Start-up einen Pitch à la „2 Minuten 2 Millionen“, hat es eine homogene Jury vor sich. Alle verstehen etwas von Wirtschaft. Kämpft hingegen ein Techniker um sein Projekt, hat er ein höchst diverses Publikum vor sich: solche, die etwas von seinem Fach verstehen, und solche, die keine Ahnung davon haben. Der Techniker, per se ein Meister seines Fachs, muss seinen Expertenstatus verlassen und auf das Niveau des am wenigsten fachkundigen Mitglieds der Jury herabsteigen. Und er muss sich dazu einer einfachen, für jedermann verständlichen Sprache bedienen – eine Qual für jeden Technikexperten.

Verkaufen statt beschreiben. Die spezifische Dichte eines Materials, seine physikalischen Eigenschaften, das Drehmoment – darüber können Techniker wunderbar parlieren. Sie reden über das, was ist. Doch beschreiben ist nicht verkaufen. Dem Investor, dem Gutachter, dem potenziellen Arbeitgeber müssen sie Gusto machen, was der Nutzen des Projektes, der Innovation, der eigenen Person ist, welche Konsequenzen die Entscheidung dafür oder dagegen hat und wie die Prognose für die nächsten Jahre aussieht.

Überblick vor Detail. Noch ein Charakteristikum von Technikern: Sie setzen das Detail vor den Überblick. Damit versteigen sie sich auf der höchsten Ebene, während das Gegenüber noch nicht einmal die Zusammenhänge verstanden hat. Das geschulte Auge eines Präsentationsprofis würde auf die körpersprachlichen Signale reagieren, wenn ein Visavis aussteigt – der Techniker will es dann nur noch detailreicher erklären.

Weniger ist mehr. Praktische Konsequenz der Liebe zum Detail ist eine überbordende Zahl von Präsentationsfolien: zu viele, zu ausufernde, zu wenig am roten Faden entlang. 72 Seiten für 15 Minuten seien für einen Techniker ein Leichtes, sagt Jankowitsch – und eine große Enttäuschung, wenn sie ihn zum Kürzen animiert. Schade um die viele Arbeit.

Fragen antizipieren. Die Präsentation ist nur die halbe Miete. Danach folgt zwangsläufig eine Frage-und-Antwort-Runde, bei der der gute Eindruck der Präsentation leicht wieder zerstört werden kann. 80 bis 90 Prozent der Fragen sind antizipierbar. Sie müssen entweder schon in der Präsentation vorweggenommen oder ihre Beantwortung mit wenigen Sätzen geübt werden. Wieder kurz, knapp und allgemein verständlich.

15 Minuten Präsentation sind nicht in einer halben Stunde Vorbereitung erledigt. Jankowitsch empfiehlt fünf Runden: eine gemeinsame für alle Präsentatoren eines Projekts, um das Konzept zu erarbeiten; dann Einzeltermine zum Optimieren der Individualparts; das Durchbesprechen und Justieren der Gesamtpräsentation; ein Termin nur für Q&A und zuletzt eine Generalprobe. Möge die Übung gelingen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2018)

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