Fall Alfie: Todkrankes britisches Kind gestorben

FILE PHOTO:  Candles and placards are pictured during a protest in support of Alfie Evans, in front of the British Embassy building in Warsaw
FILE PHOTO: Candles and placards are pictured during a protest in support of Alfie Evans, in front of the British Embassy building in Warsaw(c) REUTERS (Kacper Pempel)
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Alfie Evans' Beatmungsgerät war am Montag abgeschalten worden, am Samstag teilten seine Eltern den Tod des Buben mit. Der Fall des 23 Monate alten Alfies hatte weltweit für Mitgefühl gesorgt. Selbst Papst Franziskus hatte seine Hilfe angeboten.

Das Schicksal des todkranken britischen Kleinkindes Alfie Evans bewegte zahlreiche Menschen, führte zu einem erbitterten Rechtsstreit zwischen den Eltern und Ärzten und rief sogar Papst Franziskus auf den Plan. In der Nacht auf Samstag ist der 23 Monate alte Bub in einem Krankenhaus in Liverpool gestorben, nachdem sein Beatmungsgerät am Montag abgeschaltet worden war.

"Unserem Baby sind heute Nacht um 2.30 Uhr Flügel gewachsen", schrieben die jungen Eltern Kate James und Thomas Evans auf Facebook. "Wir sind untröstlich. Wir danken allen für ihre Unterstützung." Der 21 Jahre alte Vater schrieb außerdem, "mein Gladiator hat sein Schild niedergelegt".

Papst Franziskus "tief berührt"

Das Kinderkrankenhaus Alder Hey in Liverpool, in dem Alfie starb, sprach der Familie sein Beileid aus. Trauernde legten vor der Klinik Blumen nieder und wollten Luftballons aufsteigen lassen. Papst Franziskus reagierte betroffen. "Ich bin tief berührt vom Tod des kleinen Alfie", erklärte er am Samstag. "Heute bete ich besonders für seine Eltern", schrieb der Papst am Samstag auf Twitter. Gott habe den kleinen Alfie "in seine zärtliche Umarmung" aufgenommen.

Die Eltern hatten in einem monatelangen Rechtsstreit vergeblich versucht, eine Weiterbehandlung ihres Kindes zu erzwingen. Der kleine Alfie war an einem seltenen degenerativen und unheilbaren Hirnleiden erkrankt und seit Dezember 2016 im Krankenhaus. Die Ärzte der Klinik stuften den Fall als hoffnungslos ein und wollten die lebenserhaltenden Geräte abschalten.

Dagegen setzten sich die Eltern bis zuletzt juristisch zur Wehr. Der Vater und die 20 Jahre alte Mutter zogen bis vor den Obersten Gerichtshof Großbritanniens und den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof, unterlagen aber immer wieder. Laut britischem Recht können Eltern keine Fortsetzung einer Behandlung verlangen, wenn die Last der Behandlung eindeutig den Nutzen für das Kind überwiegt.

Die Eltern wollten ihren Sohn schließlich zur Behandlung in ein Kinderkrankenhaus in Rom verlegen. Auch das verwehrte ihnen die britische Justiz. Zuletzt scheiterte am Mittwoch ein Berufungsantrag der Eltern. Bereits am Montagabend war das Beatmungsgerät des Buben abgeschaltet worden. Er atmete dann zunächst selbstständig weiter.

Papst Franziskus persönlich hatte sich wiederholt für den kleinen Buben eingesetzt. Er empfing den Vater im Vatikan zu einer Privataudienz. Die italienische Regierung verlieh Alfie sogar die italienische Staatsbürgerschaft, um eine Verlegung des Buben in das Kinderkrankenhaus Bambino Gesu in Rom zu erleichtern. Die Leiterin des vatikanischen Kinderkrankenhauses Marinella Enoc hat am Samstag ihren "tiefen Schmerz" über den Tod des britische Kleinkinds ausgedrückt. Enoc äußerte im Gespräche mit der italienischen Nachrichtenagentur ANSA die Hoffnung, dass es künftig bei ähnlichen Fällen nie mehr zu einem "ideologischen Kampf" zwischen Familien, Wissenschaftern und Institutionen komme. "Wir müssen die wissenschaftliche mit der menschlichen Dimension verbinden", meinte Enoc.

Das Kinderkrankenhaus Alder Hey kondolierte auf seiner Website Alfies Familie: "Unsere Gedanken sind mit ihnen." Die Eltern durchlebten eine extrem schmerzliche Zeit. Die Privatsphäre der Familie, aber auch die der Mitarbeiter des Krankenhauses müsse gewahrt werden. Trauende legten vor der Klinik Teddybären und Blumen ab.

Weltweite Beachtung

Der Fall fand wegen des öffentlichkeitswirksamen Engagements der Eltern weit über Großbritannien hinaus Beachtung. Hunderttausende Menschen unterstützten die Eltern in einer Petition, in den katholisch geprägten Ländern Italien und Polen wurden Mahnwachen abgehalten. Auch vor dem Kinderkrankenhaus in Liverpool versammelten sich immer wieder Unterstützer. Am Montag musste die Polizei eingreifen, als Protestierer in die Klinik eindringen wollten, das Krankenhauspersonal wurde im Internet beschimpft.

Nach der letzten Justizentscheidung in dem Fall versuchte Thomas Evans am Donnerstag, die Gemüter zu beruhigen. Er rief die Unterstützer auf, nach Hause zu gehen, und dankte den Klinikmitarbeitern für "ihre Würde und Professionalität". Er, seine Frau und das Krankenhaus wollten nach dem langen Rechtsstreit "eine Brücke bauen und sie überqueren." Das Krankenhaus appellierte am Samstag, die Privatsphäre der trauernden Eltern und des Klinikpersonals zu respektieren.

Der Fall von Alfie erinnert an den von Charlie Gard. Charlie, der einen extrem seltenen Gendefekt hatte, starb im vergangenen Sommer nach monatelangem juristischen Tauziehen in einem Hospiz. Er wurde nur elf Monate alt. Dem Wunsch der Eltern, ihn für eine experimentelle Behandlung in die USA auszufliegen, hatten britische Gerichte bis zuletzt nicht entsprochen. Auch damals hatte sich der Papst eingeschaltet - und auch US-Präsident Donald Trump.

(APA/dpa)

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