Ende der Schonfrist: Kommen US-Zölle für europäischen Stahl?

Wird Donald Trump Europa von den im März erlassenen Einfuhrzöllen verschonen?
Wird Donald Trump Europa von den im März erlassenen Einfuhrzöllen verschonen?REUTERS
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Im Poker zwischen den USA und Europa um die Einfuhrzölle auf Stahl- und Aluminiumprodukte hat Donald Trump das letzte Wort. Die EU will sich aber nicht erpressen lassen

Im Streit um die Einführung von US-Zöllen auf Stahl- und Aluminiumimporte aus der EU rückt das Ende der Schonfrist am 1. Mai näher. Die EU-Kommission wollte bis zuletzt versuchen, Zölle für die EU-Mitglieder abzuwenden. "Im Augenblick liegt unsere Priorität bei einem Dialog auf hoher Ebene", sagte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS).

In dem Streit geht es um Einfuhrzölle auf Stahl- und Aluminiumprodukte, die die US-Regierung im März erlassen hat. EU-Firmen wurden davon verschont, allerdings nur bis zum 1. Mai. Für eine unbefristete Ausnahme verlangt Washington nach Angaben aus EU-Kreisen Handelserleichterungen für US-Unternehmen oder Obergrenzen bei den Stahlexporten. Die EU will sich aber nicht erpressen lassen.

US-Wirtschaftsminister Wilbur Ross deutete am Wochenende in einem Interview der Nachrichtenagentur Bloomberg an, dass es zu Ausnahmen kommen könne. Er machte jedoch keine Andeutungen, um welche Länder es sich handeln könnte und ob die USA dafür Bedingungen stellen. Sein Ministerium ließ eine entsprechende Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) unbeantwortet.

Malmström kündigte Gegenmaßnahmen für den Fall an, dass die USA die Europäer nicht dauerhaft und bedingungslos von den Zöllen verschonen. Zuvor schon hatte die Kommission mitgeteilt, was darunter zu verstehen ist: eine Beschwerde bei der WTO, Schutzmaßnahmen für die europäische Wirtschaft und Strafzölle auf US-Waren wie Whiskey, Motorräder oder Jeans.

EU will sich nicht erpressen lassen

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, der französische Staatspräsident Emmanuel Macron und die britische Premierministerin Theresa May forderten US-Präsident Donald Trump am Sonntag offiziell auf, von "handelspolitischen Maßnahmen gegen die Europäische Union" abzusehen. Andernfalls sei die EU bereit, "im Rahmen der multilateralen Handelsordnung entschlossen ihre Interessen zu vertreten", teilte der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert mit. Merkel hatte zuvor mit Macron und May telefoniert.

Merkel und Macron hatten in der vergangenen Woche persönlich in Washington um eine Verlängerung der Ausnahmeregelung für die EU geworben. Die Gespräche brachten jedoch keine nach außen erkennbaren Fortschritte. "Der Präsident muss jetzt entscheiden", sagte Merkel im Anschluss an ihr Treffen mit Trump.

Die deutsche Regierung hatte zuletzt Gespräche über Industriezölle ins Gespräch gebracht. Dies würde insgesamt die Zollpraxis zwischen Europa und den USA neu regeln. Unternehmerverbände und Politiker kritisierten diesen Vorschlag als den Versuch eines "TTIP light", also einer Art abgespecktes Freihandelsabkommen. "Ein Gartenzwerg-TTIP wegen Donald Trump ist wie den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben", sagte der Linke-Bundestagsabgeordnete Fabio de Masi.

Auch BDI-Chef Dieter Kempf kritisierte: "Ein reines Zollabkommen ist für die deutsche Industrie zu kurz gegriffen." Er forderte, es müssten weiterhin "Voraussetzungen für gemeinsame Freihandelsverhandlungen zwischen der EU und den USA" geprüft werden. Marktöffnung müsse auf Gegenseitigkeit beruhen.

Trump erklärte seinerseits, die USA bräuchten eine faire und wechselseitige Handelsbeziehung mit ihren Partnern und Verbündeten. "Wir haben ein Handelsdefizit mit der Europäischen Union bei Waren im Wert von - schwer zu glauben - 151 Milliarden Dollar", sagte Trump. Darunter seien 50 Milliarden für Autos und Autoteile. Am Samstag erneuerte er bei einer Kundgebung in Michigan seine Kritik.

Tür einen Spalt weit offen

Der deutsche Außenhandel sieht nach den jüngsten Gesprächen noch eine kleine Chance, dass Trump die EU noch einmal verschont. "Das war sicher kein Durchbruch. Aber die Tür für eine Lösung im Streit um die US-Strafzölle bleibt einen Spalt weit offen", sagte der Präsident des Branchenverbandes BGA, Holger Bingmann, der dpa.

Der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber, mahnte zur Geschlossenheit der Europäer im Handelsstreit. Die USA müssten wissen, dass es Gegenmaßnahmen geben werde, wenn sie Strafzölle verhängen sollten, sagte Weber am Samstag im Deutschlandfunk.

Der deutsche Wirtschaftsminister Peter Altmaier sprach sich dafür aus, Washington ein Verhandlungsangebot zu unterbreiten. Auch die EU müsse bereit sein, ein Angebot auf den Tisch zu legen, "worüber wir denn bereit sind zu verhandeln", sagte er am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Anne Will". "Ich bin der Auffassung, dass eigentlich weder die USA noch die Europäer einen Handelskrieg riskieren sollten."

EU-Kommissar Günther Oettinger schlug unterdessen rasche Verhandlungen über die beiderseitige Senkung von Industriezöllen auf Basis der Vorentwürfe für das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP vor. Wenn es zu einer konstruktiven Lösung kommen solle, müsse US-Präsident Trump die angedrohten US-Strafzölle auf Stahl-und Aluminiumimporte im ersten Schritt vom Tisch nehmen, sagte Oettinger der "Rheinischen Post" (Montag-Ausgabe). "Dann könnte man im zweiten Schritt auf der Grundlage der TTIP-Vorentwürfe, aber beschränkt auf die Zölle eine Lösung verhandeln", so Oettinger.

(APA/AFP/dpa)

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