Golan-Video: "Unter Stress sagt man Sachen, die man später bereut"

Screenshot/Falter
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Ein Ex-Militär verteidigt die österreichischen Blaumhelmsoldaten, die neun Syrer auf den Golan-Höhen in einen Hinterhalt fahren ließen. Es habe sich um eine Ausnahmesituation gehandelt.

In der Kontroverse um österreichische Blauhelme, die Syrer am Golan ohne Warnung in einen tödlichen Hinterhalt schickten, verteidigt ein Soldat, der nach dem Vorfall im September 2012 seinen Einsatz an der Grenze zwischen Syrien und Israel begann, die Kollegen in einem Interview mit dem "Kurier".

"In solche Ausnahmesituationen kann man sich nicht hineinversetzen, das ist unglaublicher Stress für einen Menschen", sagt der anonym Gebliebene im Interview. Er wolle sich daher nicht anmaßen zu sagen, wie er reagiert hätte.

In dem vom "Falter" veröffentlichten Video ist zu sehen, wie neun syrische Geheimpolizisten sich einem Hinterhalt libanesischer Schmuggler in der entmilitarisierten Zone nähern. Die österreichischen Blaumhelmsoldaten winken die Syrer durch ihren Checkpoint und lassen sie so in die Falle tappen. Alle neun Männer sterben.

Verstörend sehe er die Kommentare der Soldaten im Video („Des is a Himmelfahrtskommando. Bist du deppert."). Doch: "Ich bin mir sicher, dass auch die Soldaten im Nachhinein das so sehen", sagt der Ex-UN-Soldat dem "Kurier". "Wenn man unter derartigem Stress steht, sagt man Sachen, die man im Nachhinein bereut."

"Presse"-Grafik

Vorfall am Stützpunkt diskutiert

Als er seinen Dienst wenige Monate später antrat, sei der Vorfall diskutiert worden. Damals seien sich viele einig gewesen, dass der UN-Stützpunkt von den verschanzten Personen angegriffen worden wäre, hätten die Soldaten die Syrer gewarnt.

Diese Meinung vertrat auch ein ehemaliger Soldat, der zur selben 50-köpfigen Kompanie wie die Männer im Video gehörte, in einem Interview mit den "Salzburger Nachrichten" am Wochenende. "Der Befehl lautete: nicht einmischen", sagte der Soldat den "Salzburger Nachrichten". Wenn sie die Syrer gewarnt hätten, wären sie selbst "auf der Abschussliste der Bewaffneten gestanden". Auch das UN-Mandat sei ein Grund für die Zurückhaltung gewesen. "Wir waren nicht dort, um zu kämpfen und auch nicht, um uns in den innersyrischen Konflikt einzumischen", betonte er.

Soldaten erhielten psychologische Betreuung

Die Soldaten, die den Zwischenfall am 29. September 2012 beobachteten, nahmen nach „Presse“-Informationen psychologische Betreuung in Anspruch. Einer von ihnen könnte das Video veröffentlicht haben.

Österreichische Blauhelme waren von 1974 bis 2013 auf dem Golan stationiert, um den Waffenstillstand zwischen Syrien und Israel zu überwachen. Die rot-schwarze Regierung holte sie zurück, weil sie vor der Wahl Bilder von Soldaten in Leichensäcken befürchtete und die Lage auf dem Golan eskalierte. Es kam damals auch zu Geiselnahmen. Das UN-Mandat verpflichtete die Soldaten zu Zurückhaltung.

>>> Bericht im "Kurier".

(red.)

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