Behörde prüft Verdacht auf Mord durch Unterlassung. Untersuchungsbericht bis Ende Mai.
Wien. Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt im Vorfall rund um die österreichischen Blauhelme am Golan, die im Jahr 2012 Syrer in einen Hinterhalt haben fahren lassen, wo diese absehbar getötet wurden. Konkret prüft die Staatsanwaltschaft, unter welchen Tatbestand das Vorgehen der Soldaten fallen könnte, bestätigte Behördensprecherin Nina Bussek dem Online-„Standard“ zu Wochenbeginn. Dem Vernehmen nach wird derzeit noch gegen unbekannt ermittelt, es geht vor allem um den Verdacht auf Mord durch Unterlassung.
Der Untersuchungsbericht wiederum soll Ende Mai vorliegen. Das bestätigte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Michael Bauer, gegenüber der APA. Diese Woche sollen die Befragungen erfolgen. Zu klären ist der Vorwurf, ob die Bundesheer-Soldaten neun Syrer in den Tod geschickt haben und ob sie sie hätten warnen müssen. Bauer erklärte im Ö1-Mittagsjournal, dass es Vorfälle dieser Art wie Ende September 2012 nahezu tagtäglich gegeben habe. Die österreichischen Soldaten seien damals auf dem Golan fast täglich Zeugen von militärischen Handlungen, Toten und Verwundeten geworden, obwohl es eigentlich eine demilitarisierte Zone gewesen sei. Es sei auch lange Zeit so gewesen, dass in der Zone außer den UNO-Soldaten keine militärischen Kräfte waren. „Plötzlich hat sich das völlig geändert.“ Die Bundesheer-Soldaten hätten „nicht mehr die Möglichkeit gehabt, das Mandat einzuhalten“, so Bauer. Die UNO-Mission (UNDOF) hatte den Auftrag, den Waffenstillstand zwischen Israelis und Syrern zu überwachen.
Weiterfahrt ohne Warnung
Einem am vergangenen Freitag von der Wiener Stadtzeitung „Falter“ veröffentlichten Video zufolge haben österreichische Blauhelme Ende September 2012 auf den Golan-Höhen zugelassen, dass neun syrische Geheimpolizisten in den sicheren Tod fuhren. Laut dem Video beobachteten die Österreicher, wie bewaffnete syrische Oppositionelle einen Hinterhalt in der kargen Berglandschaft des Mount Hermon errichteten. Eine Stunde später ließen die Bundesheer-Blauhelme dann die neun Geheimpolizisten, die an ihrem Checkpoint anhielten, weiterfahren. Die Syrer wurden daraufhin erschossen.
Ein ehemaliger UN-Soldat gab gegenüber den „Salzburger Nachrichten“ an, der Befehl habe gelautet, sich nicht einzumischen. Die Soldaten hätten sonst einen Angriff der Rebellen befürchten müssen, dem sie nicht gewachsen gewesen seien. (APA)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.05.2018)