Für ÖVP-EU-Mandatar Karas soll das Treffen in Brüssel zeigen, dass es Klärungsbedarf gebe: "Rote Linien betreffen auch den Umgang mit Werten."
Klärungsbedarf gibt es am Mittwoch bei einem "Krisentreffen" der Europäischen Volkspartei (EVP) mit Ungarns Regierungschef Viktor Orban in Brüssel. "Es gibt ein Spannungsverhältnis zwischen dem Politikstil Viktor Orbans und der Europäischen Volkspartei. Das heutige Treffen zeigt, dass es Klärungsbedarf gibt", sagte der ÖVP-EU-Abgeordnete Othmar Karas vor dem Termin.
Die Mitgliedschaft von Orbáns rechtskonservativer Fidesz-Partei in der Parteiengruppe EVP sorgt seit längerem für Diskussionen. In der Europäischen Volkspartei befürchten manche nach dem klaren Wahlsieg Orbáns die Fortsetzung des Umbaus Ungarns zu einer illiberalen Demokratie - weshalb ein Treffen der EVP-Spitze mit Orbán in Brüssel angesetzt wurde.
Während Medien von einem "Krisentreffen" berichteten, war in Ungarn selbst von einem normalen "Gegenbesuch" die Rede. EVP-Fraktionschef Manfred Weber sprach im Vorfeld von einer Gelegenheit, Orbán ins Gewissen zu reden. Der ungarische Regierungschef wolle der EVP-Spitze in Brüssel die Ziele und Vorhaben der ungarischen Regierung präsentieren, hieß es indes aus Budapest.
"Rote Linien" für Orbán
Beim Treffen selbst wurde dann offenbar auch über Grenzen für Fidesz gesprochen. Karas: "Die roten Linien, die Viktor Orbán nicht überschreiten darf, sind nicht nur rechtlicher Natur, sondern betreffen auch den Umgang mit Werten. Orbáns Wahlkampfrhetorik stand im Widerspruch zu christdemokratischen und europäischen Werten." Orbáns Partei hatte im jüngsten Wahlkampf vor allem mit ausländerfeindlicher Rhetorik aber auch mit antisemitischen Codes gepunktet. Die belgischen Christdemokraten hatten deshalb etwa den Ausschluss der Orbán-Partei aus der EVP gefordert. Die Europäische Volkspartei ist in dieser Frage aber gespalten.
Laut Karas brauche es eine inhaltliche Auseinandersetzung der unterschiedlichen Sichtweisen. "Der erste Teil der Auseinandersetzung ist das heutige Treffen. Der zweite Teil der Auseinandersetzung ist der Rechtsstaatlichkeitsbericht über Ungarn, den das Europäische Parlament derzeit verfasst."
Kritik an dem Treffen zwischen EVP-Spitze und Orbán kam unterdessen von der sozialdemokratischen Fraktion im EU-Parlament. Der SPÖ-EU-Abgeordnete Josef Weidenholzer forderte von der EVP mehr als vage Absichtsbekundungen. "Die EVP muss endlich eine klare Position beziehen. Dieser Mann zerstört die Demokratie in Europa und kooperiert mit jenen, die Europa zerstören wollen", so Weidenholzer.
(APA)