Russland steckt im Rüstungswettlauf zurück

Archivbild von einer Militärparade in Wolgograd, wo das russische Militär auch S-400 Luftabwehrraketen präsentierte.
Archivbild von einer Militärparade in Wolgograd, wo das russische Militär auch S-400 Luftabwehrraketen präsentierte.REUTERS
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Moskau reduziert wegen schwächelnder Wirtschaft Militärausgaben um 20 Prozent. USA und China ziehen davon, Saudiarabien an dritter Stelle.

Wien/Stockholm. Die Annexion der Krim, der Krieg in der Ostukraine und nicht zuletzt die kostspielige Intervention in Syrien als Flankenschutz des Assad-Regimes durch Kriegsflotte und Luftwaffe haben den Militäretat Russlands in den vergangenen Jahren so stark belastet, dass Moskau die Verteidigungsausgaben erstmals seit Beginn der Putin-Ära vor fast 20 Jahren gedrosselt hat. Im Vorjahr sind die Rüstungsausgaben um 20 Prozent zurückgegangen. Mit 66,3 Milliarden Dollar ist Russland im weltweiten Ranking für das Jahr 2017 vom dritten auf den vierten Platz zurückgefallen, hinter den USA, China und Saudiarabien.

Dies ist die interessanteste Erkenntnis aus dem jährlichen Bericht der auf Rüstungsfragen spezialisierten schwedischen Denkfabrik Sipri (Stockholm International Peace Research Institute). Die russische Präsenz von der Ostsee bis zum Mittelmeer, eine Demonstration der militärischen Macht Moskaus, riss ein Loch in die Staatskasse, die die Wirtschaft wegen des Einbruchs der Öl- und Gaspreise sowie der Wirkung der internationalen Sanktionen nicht ausgleichen konnte. Die Modernisierung des Militärs bleibt zwar weiterhin eine Priorität. Sipri-Experten rechnen aber mit einer Verringerung des militärischen Engagements.

(c) Die Presse

Präsident Wladimir Putin hat weitere Kürzungen bei den Streitkräften in Aussicht gestellt, um im Gegenzug die Infrastruktur zu stärken und den Lebensstandard zu erhöhen. Das Verteidigungsbudget soll unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) fallen. Das liegt aber immer noch über jener Zwei-Prozent-Marke, die die Nato als unteres Limit deklariert hat, was allerdings die Mehrheit der Nato-Mitglieder klar verfehlt.

Der Rückgang in Russland ist indessen gegenläufig zum globalen Trend. Weltweit stiegen die Militärausgaben um 1,1 Prozent auf 1739 Milliarden Dollar. Ein Löwenanteil, mehr als ein Drittel, entfällt dabei auf die USA. Das Pentagon hat im Vorjahr 610 Mrd. Dollar in Rüstung und Militär investiert. Laut Präsident Donald Trump, einem großen Freund des Militärs, soll das Budget im laufenden Jahr auf 700 Mrd. Dollar anschwellen. An zweiter Stelle der Statistik rangiert China mit Ausgaben von 228 Mrd. Dollar.

China spiegelt einen zweiten Trend wider. Während die Militärausgaben in Europa stagnieren oder rückläufig sind, würden die Spannungen zwischen Peking und den Nachbarn im Ost- und Südchinesischen Meer zu einer Ausgabenspirale in Asien führen, resümiert Sipri-Experte Siemon Wezeman. Indien kann dabei nicht Schritt halten. Auch der Aufstieg Saudiarabiens in der Sipri-Statistik kommt alles andere als überraschend. Unter Kronprinz Mohammed bin Salman, in Doppelfunktion auch Verteidigungsminister, hat das Regime in Riad einen Krieg im Jemen lanciert, was zugleich den Konflikt mit dem Erzfeind Iran verschärfte.

Das militärische Engagement in der Region und Rüstungskäufe in den USA ließen die Ausgaben auf 69,4 Mrd. Dollar anwachsen. Sieben der zehn Länder, die in Relation zum BIP am meisten für das Militär ausgeben, liegen denn auch in Nahost. (vier)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.05.2018)

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