Eigentlich hätte Elon Musk gute Nachrichten verbreiten wollen. Doch dann gingen ihm die Fragen auf die Nerven – und das wurde teuer.
San Francisco. Es waren endlich einmal gute Nachrichten, die Firmenchef Elon Musk in der Nacht auf Donnerstag in einer Telefonkonferenz mit Investoren bekannt geben konnte: Die Produktionsprobleme beim Model 3 sollen bald Geschichte sein, der Umsatz stieg im ersten Quartal um 26 Prozent auf 3,4 Milliarden Dollar. Zwar blieb unterm Strich weiterhin ein Verlust (diesmal von mehr als 700 Millionen Dollar). Dennoch waren die Investoren zufrieden, die Aktie legte nachbörslich um zwei Prozent zu.
Bis Musk von den Geldgebern genervt war. Zickig und angriffig reagierte er auf kritische Fragen – und das hatte seinen Preis: Die Aktie gab noch während des Telefonats um mehr als vier Prozent nach, Tesla verlor etwa zwei Milliarden Dollar an Börsenwert.
Es war nicht das erste Mal, dass Musk seinem Unternehmen einen Bärendienst erwies: Am 1. April hatte der 46-Jährige getwittert, dass Tesla pleite sei. Der missglückte Aprilscherz verunsicherte Investoren und Fans.
Diesmal ging es um den Quartalsbericht, der wieder einmal negativ war. Seit seiner Gründung 2003 hat Tesla noch nie ein Jahr positiv abgeschlossen. Doch die Geldgeber glauben an die Idee Musks, an der Börse ist das Unternehmen mehr wert als Ford, das im Vorjahr 156 Milliarden Dollar umgesetzt und mehr als sechs Milliarden Dollar verdient hat.
Weiter Probleme mit Model 3
Allzu zickig sollte man in dieser Situation nicht sein, musste Musk nun lernen. „Diese Fragen sind so trocken, die machen mich fertig“, meinte er etwa, als ein Investor in der Telefonkonferenz detailliert nachhakte. Einen anderen schimpfte er, dass seine Fragen „nicht cool“ seien, er sei „langweilig“. Einen bezeichnete er gar als Dummkopf, unterbrach ihn und gab einem YouTuber das Wort, der völlig harmlose Fragen stellte. Die Aktienverkäufe waren die klare Antwort der Investoren auf dieses Verhalten.
Musk dürfte unter massivem Druck stehen, weil sich die Probleme rund um das Model 3 halten. Vom Erfolg dieses E-Autos hängt die Zukunft von Tesla ab. Mit dem günstigen Modell um 35.000 Dollar will man den Markt aufmischen und höhere Stückzahlen erreichen als mit den teuren Premiumautos Model S und Model X.
Doch zuerst verzögerte sich die Vorstellung des billigen Elektroautos. Dann gab es Probleme bei der Herstellung, die so weit gingen, dass Musk die Produktion stoppen ließ. Die Zeit nützte man, um die Abläufe zu optimieren.
Ursprünglich wollte Tesla bereits im Juli vergangenen Jahres 5000 Model 3 pro Woche bauen. Zehn Monate später ist man noch immer weit von diesem Ziel entfernt, Musk verkündete die Herstellung von 2270 Modellen in der letzten Aprilwoche als Erfolg.
Konkurrenz holt auf
Nun soll im zweiten Quartal erneut das Werk in Fremont für zehn Tage stillstehen. Danach sollen, erklärte Musk wieder einmal, bis Ende Juni wöchentlich 5000 E-Autos vom Band rollen. Damit werde Tesla im zweiten Halbjahr einen Gewinn schreiben. Ein ehrgeiziges Ziel, fallen doch derzeit je Fahrzeug noch mehr als 22.000 Dollar operativer Verlust an.
Musk senkte allerdings die Prognose für die Ausgaben auf weniger als drei Mrd. Dollar in diesem Jahr, nach 3,4 Mrd. Dollar 2017. Damit sei das Unternehmen aber bei Weitem noch nicht dabei, die Kosten anhaltend zu senken, erklärte Clement Thibault, Analyst von Investing.com. Schließlich verbrenne Tesla Milliarden.
Derzeit werden nur die USA und ausgesuchte Märkte mit dem begehrten Model 3 beliefert. In Deutschland und Österreich verzögert sich die zunächst für heuer angekündigte Auslieferung laut Medienberichten auf das kommende Jahr.
In der Zwischenzeit holen andere Autohersteller auf und verkürzen den technologischen Vorsprung, den Tesla derzeit noch hat. So wird Audi noch heuer mit dem E-Tron dem Tesla-SUV Model X etwas entgegensetzen. Ein mittelgroßer Geländewagen wird auch das erste Modell von Daimlers Elektromarke EQ, der für 2019 angekündigte EQC. Porsche greift im Sportwagensegment mit dem Mission E an. Und VW hat erschwingliche kompakte Elektroautos der Marke I.D. ab 2020 geplant. (red./ag.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.05.2018)