War das Golan-Video bekannt?

Österreichischen Soldaten soll kurz vor ihrem geplanten Golan-Einsatz ein „Schulungsvideo“ gezeigt worden sein.
Österreichischen Soldaten soll kurz vor ihrem geplanten Golan-Einsatz ein „Schulungsvideo“ gezeigt worden sein.REUTERS
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Ex-Minister Klug habe die Aufnahmen nie gesehen, sagt er zur „Presse“. In einer Kaserne dürften sie zur „Schulung“ gezeigt worden sein.

Wien. Nach und nach kommen immer mehr Details über jenes Video ans Licht, das österreichische Soldaten am 29. September 2012 bei ihrem Einsatz am Golan zeigt. Und damit drängt sich auch die Frage auf: Wer wusste im Verteidigungsministerium davon? Denn die Aufnahmen dürften einem weit größeren Kreis im Militär bekannt gewesen sein, als bisher gedacht.

Das legt ein Bericht der „Kleinen Zeitung“ nahe: Laut einem Ex- Soldaten, der im Bundesheerzentrum für Internationale Einsätze in Götzendorf für die Mission ausgebildet wurde, wurde das Video zu „Schulungszwecken“ verwendet. Man habe auch über die Handlung der Soldaten „heftig debattiert“.

Die Aufnahmen zeigen, wie österreichische Blauhelme syrische Geheimpolizisten zu einem Hinterhalt durchwinken. Bei der Schießerei danach wurden neun syrische Polizisten getötet.

Das Video soll mehr als 100 Uniformierten in Götzendorf präsentiert worden sein. Zum Einsatz kamen die Soldaten aber nie: Wenig später kündigte die rot-schwarze Regierung den Golan-Rückzug an. Maßgeblich an der Entscheidung beteiligt war der damalige Verteidigungsminister, Gerald Klug (SPÖ): Von der Existenz des Videos bzw. des Vorfalls am Golan habe aber auch er „aus den Medien erfahren“, sagt er der „Presse“. Wie das möglich sei? „Nicht alle Details erreichen den Minister. Das ist auch von der Meldedisziplin abhängig.“ Sollten die Aufnahmen aber tatsächlich in Götzendorf gezeigt worden sein, hätten die zuständigen Kommandanten dies melden sollen.

Klug: Abzug war richtig

Österreichs Blauhelme abzuziehen sei jedenfalls richtig gewesen – auch wenn die Regierung dafür heftig kritisiert wurde. Um die Soldaten nicht zu gefährden, habe man aber nicht „in aller Deutlichkeit kommunizieren können“, warum die Entscheidung nötig gewesen sei. Ausschlaggebend sei aber letztlich gewesen, dass der Bürgerkrieg auch in der entmilitarisierten Zone gewütet hat. Das UN-Mandat, die Überwachung des Waffenstillstandes, hätte auch nicht mehr zur brisanten Lage vor Ort gepasst.

Ihm, Klug, würde es jedenfalls leidtun, „wenn dieser Vorfall dazu benützt würde, die wichtigen internationalen Missionen zu hinterfragen“. Man könne „dreimal Danke sagen, wenn sich ein Soldat für einen gefährlichen Einsatz zur Verfügung stellt“. Sein Nachfolger, Mario Kunasek (FPÖ), will nun den Auftrag der Untersuchungskommission erweitern: Die Arbeitsgruppe soll bis Ende Mai nicht nur analysieren, ob die Soldaten rechtens gehandelt haben. Sondern auch klären, welche verantwortlichen Kommandanten von dem Video gewusst haben. Ein offizielles Schulungsmaterial war es laut Verteidigungsressort nie.

Grundsätzlich herrscht in der entmilitarisierten Zone auf dem Golan ein Foto- und Filmverbot. Nun soll geprüft werden, ob sich Soldaten darüber hinwegsetzten oder auf Anweisung ihrer Vorgesetzten filmten. Leiter der Blauhelme auf dem Golan war damals ein Inder. Der österreichische Kommandant der Ausbatt-Einheit war zum Zeitpunkt des Vorfalls auf Urlaub. Ihn vertrat ein Kroate. Seit Donnerstag hat die Kommission vier Zeugen befragt.

ZUR PERSON

Gerald Klug (SPÖ) war hauptverantwortlich für den Golan-Rückzug von Österreichs Blauhelmen. Er war von März 2013 bis Jänner 2016 Verteidigungsminister.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.05.2018)

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