Zwei Tage vor der Amtseinführung Putins hatte der Oppositionelle Alexej Nawalny landesweit zu Kundgebungen aufgerufen. Auch Nawalny selbst wurde festgenommen.
Der russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny ist nach seiner Festnahme bei einer Kundgebung in Moskau laut eigener Aussage vorerst wieder auf freiem Fuß. Die Polizei habe ihn kurz nach Mitternacht gehen lassen, erklärte der Kremlkritiker in der Nacht auf Sonntag auf Twitter. Seine Anwältin Veronika Poljakowa sagte, dass für Freitag ein Gerichtstermin angesetzt worden sei.
"Es scheint, dass sie einen Befehl erhielten: 'Setzt ihn nicht vor der Amtseinführung hinter Gitter'", erklärte Nawalny mit Blick auf die am Montag beginnende vierte Amtszeit von Präsident Wladimir Putin. Die Polizei erklärte, Nawalny sei festgenommen worden, weil er eine unerlaubte Protestaktion organisiert habe.
Unter dem Motto "Nicht unser Zar" hatte Nawalny seine Anhänger am Samstag zu landesweiten Protesten gegen den Kreml-Chef aufgerufen. Das Bürgerrechtsportal OWD-Info berichtete von etwa 1600 Festnahmen, davon allein mehr als 700 in Moskau. Die Polizei sprach offiziell von 300 Festnahmen in der Hauptstadt und etwa 200 in St. Petersburg. Nicht nur die Polizei ging brutal vor. In Moskau prügelten auch Männer in Kosakenuniform auf die Demonstranten ein.
Die Polizei reagierte diesmal mit besonderer Härte, nachdem sie im März des Vorjahres von Anti-Korruptions-Protesten Nawalnys überrascht worden war. Damals hatte es 1.500 Festnahmen gegeben.
Chaotische Zustände
Während der Nacht herrschten in den überfüllten Moskauer Polizeistationen chaotische Zustände. Festgenommene berichteten im Internet, dass sie nirgendwo schlafen könnten. Bei dem wahllosen Vorgehen gerieten auch zahlreiche Kinder ins Netz der Behörden. Die Minderjährigen seien abends freigelassen und ihren Eltern übergeben worden, teilte die Polizei mit. Sogar ein Mann mit einem zahmen Waschbären saß zeitweise in Gewahrsam, wie der regierungskritische Fernsehsender Doschd (Regen) berichtete.
Putin war im März mit einer Mehrheit von 77 Prozent für weitere sechs Jahre im Amt bestätigt worden. Nawalny, der bei der Wahl nicht antreten durfte, hatte zu Protestaktionen gegen den Staatschef in mehr als 90 Städten aufgerufen. Vor den Aktionen erklärte der Oppositionsführer: "Wir werden die Behörden, die aus Betrügern und Dieben bestehen, zwingen, jene Millionen Bürger zu berücksichtigen, die nicht für Putin gestimmt haben."
Der 65-jährige Putin ist entweder als Präsident oder Ministerpräsident seit dem Jahr 2000 an der Macht. Seine Anhänger unterstützen ihn, weil er den Russen den Nationalstolz zurückgebracht und den Einfluss des Landes mit Interventionen wie in der Ukraine oder in Syrien ausgebaut habe. Die Opposition wirft ihm vor, immer autokratischer zu regieren und Rivalen demokratische Rechte zu verwehren. Putin soll am Montag bei einer aufwendigen Feier vereidigt werden.
(APA/dpa/AFP)