Balance zwischen Gaspedal und Bremse

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Risken kennen keine Grenzen, deshalb müssen auch künftige Controller international denken.

Nicht an allem ist die Krise schuld. Dass ihre Wucht so manches Unternehmen ordentlich ins Schleudern brachte, hatte oft auch mit hausgemachten strategischen Mängeln zu tun, mit völlig unzureichenden Risikoeinschätzungen etwa. Aber man lernt schließlich aus Fehlern – Experten gehen davon aus, dass der Stellenwert von Risikomanagement und Controlling im Sinne einer zielgerichteten Unternehmenssteuerung steigen wird. Und damit auch jener von Mitarbeitern, die Fachleute auf diesem Gebiet sind: speziell wenn sie wissen, wie man auf einem globalisierten Markt agiert, in dem auch die Risken internationalisiert sind – das nötige Know-how gibt es bei einschlägigen Masterlehrgängen.

Einschätzen, verstehen, managen

Ein Beispiel ist das von der FH Wiener Neustadt angebotene Masterstudium Business Consultancy International, das ausschließlich auf Englisch unterrichtet wird. Auch wenn Risk Management nur einen Baustein des Studiums ausmacht, so ist es doch ein ganz besonders wichtiger, wie Studiengangsleiter Ciarán Cassidy betont. „Verschiedene Risken richtig einschätzen und verstehen zu können ist ein ganz entscheidender Faktor in der Geschäftswelt“, so der FH-Professor. Durch die Globalisierung würde man mit immer neuen und komplexeren Zusammenhängen konfrontiert werden. Wichtig sei dabei die Erkenntnis, dass sich Risken nicht nur auf einzelne Länder beschränken, sondern grenzübergreifend sind. „Mit dieser Tatsache müssen wir leben“, so Cassidy. Von Anfang an war es das Ziel, nicht nur heimische, sondern Topstudenten aus der ganzen Welt anzusprechen, erzählt Cassidy. Dadurch konnte ein beachtliches Austauschprogramm aufgebaut werden: Dank bestehender Partnerschaften mit weltweit 60 Universitäten können die Studenten einen Teil ihres Studiums in einem Land ihrer Wahl absolvieren. Von den derzeit rund 300 Studenten sind etwa 50 Ausländer.

Der Masterlehrgang Controlling & Finance der FH Vorarlberg gilt zwar offiziell als Vollzeitstudium, ist aber so organisiert, dass er berufsbegleitend absolviert werden kann. Dementsprechend hoch ist die Zahl an Berufstätigen. „Unsere jungen Studenten bekommen dadurch sehr viel Praxiserfahrung mit auf den Weg“, sagt Carsten Bartsch, Studiengangsleiter Wirtschaft. Im Rahmen des vorgesehenen Aufnahmeverfahrens würden die „älteren Semester“ keineswegs bevorzugt behandelt werden.

Aufgabe des Controllings ist es, so Bartsch, Zahlen objektiv und richtig darzustellen, um eine wertorientierte Steuerung des Unternehmens zu ermöglichen. „Es geht um die Frage, wie die einzelnen Divisionen im Hinblick auf die Wertsteigerung optimal gesteuert werden können“, erklärt Markus Ilg, Leiter des Studiengangs Controlling & Finance. Dabei müssten nicht nur einzelne Entscheidungen abgestimmt, sondern es müsste auch ein Reporting implementiert werden, das den aktuellen Bedürfnissen entspricht. Er ist davon überzeugt, dass die Krise letztlich auch Fehler im Controlling aufgezeigt hat.

Ziel sei es, durchwegs neue Inhalte zu behandeln – und nicht solche, die seit 30 Jahren in den Lehrbüchern stehen. Ilg spricht von einem „kritischen Betrachtungsprozess. Wir versuchen zu hinterfragen, ob gewisse Inhalte wirklich in der Praxis anwendbar sind“, so der Experte. In regelmäßig stattfindenden „Thinktanks“ würden die Lehrkräfte erörtern, welche aktuellen Entwicklungen man in die Ausbildung einfließen lassen könnte.

Neben der Vermittlung des entsprechenden fachlichen Rüstzeugs wird an der FH Oberösterreich auch auf die charakterliche Bildung Wert gelegt. Begegnungen mit Benediktinermönchen oder arbeitslosen Jugendlichen sollen die Studenten auf den Boden der Realität holen. „Intelligenz allein reicht in der Finanzbranche nicht aus. Wir wollen, dass die Studenten mit ihrem Wissen verantwortungsvoll umgehen“, sagt Heimo Losbichler, Studiengangsleiter „Controlling, Rechnungswesen und Finanzmanagement“. Wohin zu viel Gier führen kann, habe schließlich die jüngere Vergangenheit schmerzhaft aufgezeigt.

Auf einmal ist der Umsatz weg

Für Losbichler hat die Krise bestätigt, dass bestehende Risikomodelle nicht funktionieren und dringend überarbeitet werden müssen. Kaum ein Unternehmen sei etwa darauf vorbereitet gewesen, dass plötzlich große Teile des Umsatzes wegbrechen könnten. „Einer der größten Fehler war, dass nur auf Performancezahlen geschaut wurde, aber kaum ein Unternehmen ein Vergütungssystem hatte, das auch Risken berücksichtigt“, so Losbichler. Wichtig sei es, die richtige Balance zwischen Gaspedal und Bremse zu finden. Der Experte ist davon überzeugt, dass die „Schwingungen“, sprich die Risken im weltweiten Finanzsystem, künftig zunehmen werden.

Um die berufliche Zukunft ihrer Absolventen machen sich die Lehrgangsleiter keine allzu großen Sorgen. Sie berufen sich auf regelmäßige Anfragen seitens der Industrie und der Wirtschaft. Die Tätigkeitsfelder ihrer ehemaligen Schützlinge sind tatsächlich breit gefächert. Laut Cassidy sind einige seiner Absolventen in der Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung untergekommen, andere wiederum in Banken. An der FH Vorarlberg sieht man auch die große Zahl an kleineren und mittleren Unternehmen der Region als potenzielle Arbeitgeber. Schließlich gebe es hier oft Nachholbedarf, gerade in den Bereichen Controlling und Risikomanagement.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.02.2010)

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