Dubai-Mord: "Mossad hat mit so einem Lärm nicht gerechnet"

Bild des ermordeten Mahmoud al-Mabhouh
Bild des ermordeten Mahmoud al-Mabhouh(c) EPA (ALI ALI)
  • Drucken

Gad Shimron war in den 1970er- und 1980er-Jahren Agent des Mossad. Mit der "Presse" sprach er über den Mord an Hamas-Mann al-Mabhouh in Dubai.

„Die Presse“: Überrascht Sie die internationale Aufregung über die Ermordung des Hamas-Extremisten Mahmoud al-Mabhouh – möglicherweise durch ein israelisches Geheimdienstkommando?

Gad Shimron: Ja, sehr. Denn wenn die USA eine Drohne schicken, um einen Talib in Afghanistan oder einen al-Qaida-Mann im Jemen zu ermorden, dann interessiert sich kein Mensch dafür.

Wie erklären Sie das?

Shimron: „Jews are news.“ Das war schon immer so, besonders, wenn es um Geheimagenten geht. Davon ausgehend, dass Israel überhaupt hinter dem Attentat steckt, wie berichtet wird, würde ich vermuten, dass es sich um eine Teamarbeit handelt. Irans Präsident, Mahmoud Ahmadinejad, und der Hamas-Chef in Gaza, Ismail Haniyeh, haben es geschafft, eine breite internationale Koalition gegen sich zu richten. Zu ihr gehören Saudiarabien, Ägypten und natürlich westliche Staaten. Das Exekutionsopfer, al-Mabhouh, saß noch vor einigen Jahren in Ägypten im Gefängnis.

Israel exekutiert Terroristen, trotzdem geht der Terror weiter. Ist die Methode nicht überholt?

Shimron: Wenn es tatsächlich gelänge, der Schlange den Kopf abzuschlagen, dann wäre das ein Erfolg. Es gab in der Vergangenheit Fälle, die sich als sinnvoll herausgestellt haben. Ich denke an den Chef des islamischen Jihad Fathi Shkaki in Malta, der Berichten zufolge 1995 vom Mossad exekutiert worden sein soll. Sein Tod hat den islamischen Dschihad für vier, fünf Jahre lahmgelegt. Ähnlich war es bei Imam Mughniyeh, der vor zwei Jahren getötet wurde. Von seinem Tod hat sich die Hisbollah bis heute nicht erholt.

Aber es gibt andere Fälle, die sich rückblickend als kontraproduktiv herausstellten. Die Antwort lautet also: Ja und nein. Die Methode ist im Übrigen keine Erfindung des Mossad. Man vergisst, dass Frankreich schon in den Fünfzigerjahren während des Algerien-Krieges in Europa wenigstens hundert Waffenhändler exekutieren ließ. Ob es effektiv ist oder nicht, weiß ich nicht. Es ist Teil des Krieges.

Die Debatte dreht sich in Israel nicht um das „Ob“, sondern um das „Wie“. Halten Sie es für möglich, dass der Mossad einen so banalen Fehler begehen konnte und die Kameras nicht beachtete?

Shimron: Ich habe eine Theorie gehört. Demnach wussten die Agenten von den Kameras und benutzten sie, um zu beweisen, wie tief der Mossad in die Hamas eindringen kann und wie sehr sie aus israelischer Sicht einem Schweizer Käse gleicht: voller Löcher.

Halten Sie das für möglich?

Shimron: Ich glaube eher, dass sie nicht mit der Hartnäckigkeit der Dubaier Polizei gerechnet haben, die die Affäre so gründlich untersucht. Übrigens stammt ein Teil der Kameras von israelischen Firmen. Israel exportiert über Tochterfirmen in Zypern oder Europa auch nach Dubai. Der Mossad hat mit einer derartigen Bloßstellung sicher nicht gerechnet und nicht gedacht, dass es so einen Lärm geben würde. Wir wissen schließlich alle, dass al-Mabhouh nicht als Vertreter des palästinensischen Erziehungssystems in Dubai war – mit dem Auftrag, neue Computer für Schulen zu besorgen.

Mossad

Der 1951 gegründete israelische Auslands-Geheimdienst Mossad ist für seine Anschläge und Sabotageakte im Ausland berüchtigt, mit denen er Organisationen wie die palästinensische Hamas oder die libanesische Hisbollah auch direkt bekämpft. Dem Mossad stehen jährlich rund 400 Millionen Dollar zur Verfügung. Sein Personal wird auf 1200 Mitarbeiter geschätzt. Chef des Diensts mit Sitz in Tel Aviv ist seit 2002 der Ex-General Meir Dagan.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.02.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

DubaiMord Killer machten HamasFuehrer
Außenpolitik

Dubai-Mord: London schickt Ermittler nach Israel

Zum Mord am Hamas-Führer Mahmoud al-Mabhouh in Dubai sind neue Details bekannt geworden. Er wurde zunächst mit Medikamenten ruhiggestellt und dann erstickt.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.