Wladimir Putin kommt am 5. Juni nach Wien. Für seine vierte Amtszeit kündigt er Verbesserungen in sozialen und wirtschaftlichen Belangen an – keine leichte Aufgabe.
Moskau. Ein Mann schreitet allein durch die langen Gänge des Kreml. Es ist Wladimir Putin, verfolgt von der Kamera in unzähligen Einstellungen, auf dem Weg zu seiner Angelobung. Gestern begann Putins vierte und voraussichtlich letzte Amtszeit. Bei der Inauguration im prächtigen Andreassaal schwor Putin auf die russische Verfassung und gelobte, „dem Volk treu zu dienen“, wie es in der Eidesformel heißt.
5000 Ehrengäste hatten sich eingefunden, darunter der deutsche Ex-Kanzler Gerhard Schröder, nunmehr Aufsichtsratschef des russischen Staatskonzerns Rosneft. Er schüttelte dem Präsidenten gleich nach Patriarch Kirill die Hand – noch vor Dmitrij Medwedjew, den Putin am Montag erneut als Premier nominierte.
Die Energiepolitik spielt auch bei Putins Reise nach Wien am 5. Juni die entscheidende Rolle. Denn fast zeitgleich zum Festakt im Kreml wurde bestätigt, dass Russlands Präsident zur Festveranstaltung anlässlich des Gasliefervertrags zwischen Österreich und der Sowjetunion kommt, der vor 50 Jahren geschlossen wurde. Davor, am 18. Mai, wird er Angela Merkel in Sotschi treffen.
Nach der Angelobung erklang die russische Hymne. Die Gäste sangen, Putin stand regungslos da. Ganz so, als spürte er die Last der schwierigen Aufgaben, die vor ihm liegen. Denn die Wirtschaft stagniert, und um die Beziehungen zum Westen steht es schlecht wie schon lang nicht mehr.
Mannschaft und Kapitän
Seine Rede war dagegen von Optimismus getragen – eine Kurzfassung der Jahresbotschaft, die er Anfang März vor hohen Beamten gehalten hatte, nur ohne die langwierige Raketenpräsentation. Der Schwerpunkt lag auf der Innenpolitik, auf der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung. Von vielen „Durchbrüchen“ war da die Rede, die Russland in nächster Zeit vollbringen werde. Putin sprach von einer „freien Gesellschaft“, in der sich jeder selbst verwirklichen solle. Ein gewagter Kommentar, schließlich waren auch am Montag noch mehrere Demonstranten in Gewahrsam, die am Samstag gegen „Zar Putin“ und seine Amtseinführung demonstriert hatten.
Wie schon im März verwendete Putin die Metapher vom Land als der gemeinsamen Mannschaft – und ihm als Teamkapitän. „Ich tue alles, was in meiner Macht steht“, sagte er. Putin nannte Russland das „Land der grandiosen Siege“ und appellierte an die „unbesiegbare Einheit“ der Bevölkerung. „Russland für die Menschen“ sei die Devise der vierten Amtszeit.
Passend dazu war ein PR-Coup vorbereitet worden: Den kurzen Weg von seinen Amtsräumen zum Andreassaal legte Putin in einer neuen, massiven Präsidentenkarosse namens Kortezh zurück – aus heimischer Produktion. Die neue Flotte soll künftig die ausländischen Modelle ersetzen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.05.2018)