Die neue Wiener Stadtregierung wird am Montag präsentiert. Es wird Quereinsteiger geben, eine Ressorttrennung von Gesundheit und Sozialem ist aber vom Tisch.
Wien. „Für mich habe ich bereits alle Positionen besetzt.“ Mit diesen Worten ließ der designierte Bürgermeister, Michael Ludwig, am Montag aufhorchen. Und heizte die Spekulationen an, wer die Wiener Stadtregierung noch verlassen muss bzw. wer aufsteigen wird – nachdem das neue rote Regierungsteam am Montag der Öffentlichkeit präsentiert wird und drei Ressorts (Gesundheit/Soziales, Wohnbau und Kultur) bereits fix zu besetzen sind.
Dazu wird ebenso fix mit dem Abgang von Finanzstadträtin Renate Brauner gerechnet. Was bedeutet aber Ludwigs Anspielung? Die meisten Aufsteiger seien bereits informiert und hätten zugesagt. Namen nannte der Wiener SPÖ-Chef nicht, da er noch nicht mit allen Personen geredet habe, um die noch offenen Positionen zu besetzen: „Aber ich mache noch in dieser Woche den Sack zu“, so Ludwig, der einige Änderungen bereits als fix ankündigte: Es wird zumindest eine(n) Quereinsteiger(in) geben. „Es sind alles politische Menschen, aber nicht alles zwingend Personen, die jetzt schon ein politisches Mandat eingenommen haben“, erklärte Ludwig auf entsprechende Fragen
Dem Vernehmen nach soll das eine Anspielung auf das Kulturressort sein.
Für dieses war Ludwig auf der Suche nach einer Kulturmanagerin, die als Quereinsteigerin neue Impulse bringt – nach dem Vorbild der einstigen Kulturstadträtin Ursula Pasterk, wie in SPÖ-Kreisen zu hören war. Kommt hier eine Quereinsteigerin, würde Kultursprecher Ernst Woller, der ebenfalls als Kulturstadtrat gehandelt wird, Landtagspräsident werden – als Nachfolger des Häupl-Vertrauten Harry Kopietz. Immerhin ist Woller, der im Kulturbereich als kompetent gilt, der erfahrenste und längstdienende Gemeinderat. Und das ist die Job Description eines Landtagspräsidenten.
Wechselt EU-Politikerin?
Mit Interesse wurde in diesem Zusammenhang der Auftritt Ludwigs mit der roten EU-Delegationsleiterin Evelyn Regner am Montag registriert. Sie ist Gewerkschafterin, im ÖGB-Bundesvorstand, Sozialpolitik- und Wirtschaftsexpertin sowie Wienerin – würde für Ludwig also viele Bereiche abdecken. Sie wurde als Sozialstadträtin gehandelt, falls das Ressort Gesundheit und Soziales getrennt werden. Dieser Plan ist aber endgültig vom Tisch, wie Ludwig erklärte: Eine Trennung des Sozial- und Gesundheitsressorts werde nicht kommen, nur kleine Verschiebungen innerhalb der roten Ressorts. Das dürfte beispielsweise die Frauenagenden betreffen, wenn ein Mann den Job von Frauen- und Gesundheitsstadträtin Sandra Frauenberger übernehmen sollte, die bereits das Handtuch geworfen hat. Wobei Regner mit ihrer Wirtschaftskompetenz auch das Finanz- und Wirtschaftsressort übernehmen könnte. Hier gilt aber Wien-Holding-Chef Peter Hanke als Favorit, obwohl er einen Stadtratsposten nicht gerade anstrebt. Die Frage der „Presse“, ob sie von Brüssel in die Wiener Stadtregierung übersiedeln wolle, beantwortete Regner so: Sie sei Delegationsleiterin in Brüssel und arbeite dort gern.
Allerdings: Es gilt als offenes Geheimnis, dass bei der EU-Wahl im nächsten Jahr Klubobmann Andreas Schieder als Spitzenkandidat und roter EU-Delegationsleiter ins Rennen gehen soll. Dieser Weg wird Schieder nachgesagt, seitdem er in der Kampfabstimmung um die Nachfolge von Häupl gegen Michael Ludwig unterlegen ist.
Auch, weil SPÖ-Chef Christian Kern seinen Klubobmann gern in Brüssel sehen möchte, ist in der SPÖ zu hören. Damit könnte eine sich abzeichnende EU-Spitzenkandidatur von Schieder doch noch Evelyn Regner motivieren, nach Wien zu wechseln. Zumindest hält Michael Ludwig sehr viel von der roten EU-Delegationsleiterin, ist in SPÖ-Kreisen zu hören. Von diesen Rochaden wird abhängen, welches Ressort Kathrin Gaal übernimmt. Sie dürfte Ludwig im Wohnbauressort nachfolgen, während Umweltstadträtin Ulli Sima und Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky ihre Ressorts behalten.
Profilschärfung auf EU-Ebene
Apropos EU: Ludwig schärft nun sein Profil auch auf EU-Ebene. Mit Regner und SPÖ-Gewerkschafter Josef Muchitsch präsentierte er einen Vorstoß, den Sitz der neu zu gründenden EU-Arbeitsmarktbehörde mit mehr als 140 Mitarbeitern nach Wien zu holen – in die Seestadt Aspern oder ins Nordbahnhofgelände. Im Juni wird der Europäische Rat entscheiden, ob diese Behörde überhaupt gegründet wird.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.05.2018)