Richter müssen auf der "Anklagebank" Platz nehmen

(c) Clemens Fabry
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Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek will mangelnde Effizienz ansprechen, die Justiz wehrt sich gegen einen Rechnungshofbericht.

Wien. Diese Woche wird an Österreichs Gerichten nicht verhandelt. Mitten in diese Protestmaßnahme fällt ein Gipfeltreffen, zu dem Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) die Justizvertreter geladen hat. Der Wunsch nach mehr Personal dürfte sich für die Richter beim am Donnerstag stattfindenden runden Tisch aber nicht erfüllen. Heinisch-Hosek hatte bereits bisher kein großes Verständnis für die Forderungen der Justizbediensteten gezeigt. Sie verweist darauf, dass es so viele Richter und Staatsanwälte wie noch nie gibt.

Heute will die Ministerin die Richter mit einem im letzten November veröffentlichten Rechnungshofbericht konfrontieren. Darin rügt der Rechnungshof die Unterschiede zwischen den Bezirksgerichten. Die durchschnittlichen Verfahrensdauern schwanken zwischen 3,5 und 15,3 Monaten. Die Gründe dafür ortet der Rechnungshof in der unterschiedlichen Verfahrensführung der Richter sowie in den Funktionsweisen der einzelnen Gerichte.

Das Beamtenministerium folgert, dass die Arbeitsbelastung in der Justiz sehr unterschiedlich verteilt sei und es durch eine Straffung der Verhandlungsführung sehr wohl Potenzial gebe, um die Abläufe effizienter zu gestalten.

„Rechnungshof fehlt Einblick“

Werner Zinkl, Präsident der Richtervereinigung, wird sich bei seinem heutigen Treffen mit Heinisch-Hosek aber zu wehren wissen: „Der Rechnungshof kann detailliert nichts sagen, dafür hat er nicht den Einblick“, sagt Zinkl im Gespräch mit der „Presse“. International betrachtet, sei die Verfahrensdauer in Österreich eine sehr kurze. Und wenn die Prozesse bei den verschiedenen Bezirksgerichten unterschiedlich lang dauern, könne das die verschiedensten Gründe haben. „Jeder Richter hat einen individuellen Arbeitsstil“, so Zinkl. Überdies hänge die Verfahrensdauer auch davon ab, wie streitlustig die Prozessgegner sind: „Auch das ist regional unterschiedlich.“

Vorstellen kann sich Zinkl die Schließung weiterer kleiner Gerichte. Das habe man bereits 2005 gefordert, damals habe aber die Politik in vielen Fällen die Schließung verhindert. Zu große Erwartungen dürfe man aber nicht haben: „Die Schließung eines Kleinstgerichts spart 80.000 Euro im Jahr, das ist nicht viel.“ Für den Richter-Präsidenten führt an der Aufstockung der Dienstposten jedenfalls kein Weg vorbei. Eine von den Richtern in Zusammenarbeit mit einem Consultingunternehmen erstellte Studie hatte eine große Personallücke ergeben. Demnach fehlen 200 Verwaltungsbeamte, 187 Richter und 43 Staatsanwälte. Bisher hat die Regierung aber nur 70 zusätzliche Staatsanwälte und Kanzleimitarbeiter zugesagt. Besonders empört ist Zinkl, weil Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) eine hundertköpfige CSI-Hypo zur Klärung der Vorgänge in der Bank Hypo Alpe Adria angekündigt hat. Für diesen „Mediengag“ sei Geld da, für weitere hundert Richter aber nicht.

Auch Treffen mit Josef Pröll

Plant die Justiz weitere Protestmaßnahmen? Das werde von den Gesprächen – auch bei Pröll gibt es heute einen Termin – abhängen, sagt Zinkl. „Wenn wir das Gefühl haben, das Ganze ist eine Hinhaltetaktik, dann werden wir nachlegen.“ Im Beamtenministerium verweist man jedenfalls darauf, die Probleme der Richter „sehr ernst zu nehmen“. Um die Frage nach mehr Effizienz werde man aber nicht herumkommen.

AUF EINEN BLICK

Im Streit um mehr Personal treffen heute, Donnerstag, Richtervertreter mit Beamtenministerin Heinisch-Hosek und Finanzminister Pröll zusammen. Mit Justizministerin Bandion-Ortner gab es bereits Gespräche.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.02.2010)

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